Dienstag, 28. Januar 2014

Über staatliche Gedenktage – Einmal Befreiung bitte!

Mindestens vier Feier- bzw. Gedenktermine sind in Deutschland auf verschiedene Weise mit Befreiungserfahrungen verbunden. Aber alle vier haben (trotz der von vielen Mandatsträgern betonten Relevanz) nur einen nachgeordneten, wenn nicht gar stiefmütterlichen Platz im öffentlichen Bewusstsein.

Straßenschild, Köpenick, Berlin, 2012.
Da ist der zwischenzeitlich sogar als möglicher Nationalfeiertag gehandelte 9. November mit all seinen verschiedenen Aufladungen – von 1848 über 1918 und 1938 bis 1989 bringt er Momente von Freiheit und Unfreiheit ins Bewusstsein.
Hauptakteur des frischsten Datums – die ostdeutsche Bevölkerung.

Dann der 8. Mai, einst als „Tag der Niederlage“ oder Tag, an dem der Krieg endete, angesehen. Meiner Meinung nach war er tatsächlich ein „Tag der Befreiung“, auch wenn dieses Versprechen in der damaligen DDR, wo er so bezeichnet wurde, gerade nicht erfüllt wurde.
Hauptakteure waren auf deutscher Seite die kapitulierenden Oberkommandierenden der Wehrmacht – ihnen gegenüber die Alliierten.

Der 17. Juni als ehemaliger Nationalfeiertag der BRD ergibt sich aus dem Systemkonflikt im Kalten Krieg. Die Erhebung der Arbeiter in der DDR wurde blutig niedergewalzt – und viele der Forderungen wurden schließlich doch zu Teilen umgesetzt.
Hauptakteure: Ostdeutsche Arbeiter und sowjetische Soldaten.

Und eben der 27. Januar, der an die Befreiung der verbliebenen Häftlinge von Auschwitz durch die Rote Armee erinnert und begangen wird für alle "Opfer des Nationalsozialismus".
Hauptakteure waren die Opfer des Nazi-Schreckens und ihre sowjetischen Befreier.

Auffällig finde ich die wechselnde Rolle der Sowjets – von den Befreiern der Opfer des NS-Regimes werden sie zu Mit-Siegern über dasselbe und schließlich zu Unterdrückern eines Teils der deutschen Bevölkerung.
Dass kriegführende Personen eine große Rolle spielen, ist angesichts der deutschen Geschichte nicht verwunderlich – und ebenso bezeichnend wie die Tatsache, dass gerade am 09. November 1989 eine friedlich-unsoldatische Befreiung glückte.

Altstadt von Kostrzyn an der Oder, 2013.
Die beiden arbeitsfreien staatlichen Gedenktage sind mir zwiespältig:
Der 1. Mai lässt die Arbeit hochleben, kann sich auf die Kämpfe für Arbeiterrechte zurückführen, wurde aber letztlich erst 1934 von den Nationalsozialisten eingeführt. Akteure scheinen die "werktätigen Massen" zu sein, wer auch immer diese heute vertritt.

Schließlich: Der Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland durch die Unterzeichnung des „Einigungsvertrags“ am 3. Oktober 1990 ist ein zweifellos wichtiger, weil den 9. November 1989 durch staatliche Einheit vollendender, aber doch bürokratisch vereinbarter Termin, der bestimmt und durchgeführt wurde von den damaligen politischen Akteuren.

Schade, dass die Erinnerung an die Freiheit – oder besser die Befreiung – in unserem Staat nicht so prägend ist, dass sie sich in Termin und Anlass eines Nationalfeiertags niederschlüge.