Sonntag, 2. Februar 2014

Alfred Delps Tod und Jesu Darstellung

Ich glaube, aus all dem heraus werden wir wache und gesegnete Stunden beim Kinde haben. Diese Widerlegung all unserer Anmaßung, diese Pensionierung all unserer Wichtigkeit. Die Ohnmacht auf dem Seil ist eine Erziehung zum Verständnis des Kindes.“1

Mutter und Kind, Volkspark Friedrichshain, Berlin, 2014.
So schreibt Alfred Delp am 22. Dezember 1944 im Gefängnis Berlin-Tegel, als er in seiner Machtlosigkeit angesichts des nahenden Todesurteils durch den Volksgerichtshof auf das Christuskind schaut.
Kurz zuvor hat er in feierlichen Gelübden sein Leben ganz Gott überantwortet – „Ich habe endgültig mein Leben weggesagt“, nennt er das.2
Am 02. Februar 1945 wird er wegen Hoch- und Landesverrats in Berlin Plötzensee gehängt.

Im Kern wird mit dem heutigen Fest der „Darstellung des Herrn“ dieselbe Hingabe ausgedrückt. Die Eltern Jesu gehen, wie im jüdischen Gesetz vorgeschrieben, zum Tempel und bringen ein Opfer für die Reinigung der Frau nach der Geburt – und um „das Kind dem Herrn zu weihen“ (Lk 2,22).
Gerade während sie diese Aufgabe erfüllen wollen, wird ihnen das Kind aus der Hand genommen. Denn der alte Simeon erkennt in ihm Gottes Heil für die Menschen.

Das ursprünglich Angezielte verliert seine Bedeutung als die Dinge der eigenen Planung entgleiten und etwas Neues beginnt.

Feder, Regen und Wasser, Landwehrkanal,
Kreuzberg, Berlin, 2014.
Ich bin hier in die äußerste Situation gekommen, in die Menschen kommen können. Das heißt, alles Menschliche ist so unheimlich bist zu letzten Konsequenz vorgetrieben. Ihr helft mir, dass mir der Atem nicht ausgeht? Eine große Gnade der Freiheit und des weiten Raumes ist mir geboten. Wenn ich sie nur nicht verfehle oder verkümmern lasse.3

Alfred Delp haben die Monate im Gefängnis nach eigenem Bekunden einen unheimlichen Entwicklungsschub gegeben. Trotz aller Hoffnung auf eine Wende kann er sein Leben schließlich der Führung Gottes überlassen. 
Seine letzten Worte nach draußen datieren auf den 30. Januar 1945; sie lauten: „Beten und glauben. Danke.“4



1   A. Delp, Kassiber. Aus der Haftanstalt Berlin-Tegel. Frankfurt. a.M. 1987, 53f.
2
   Ebd., 27.
3
   Ebd., 122.
4
   Ebd., 135.