Sonntag, 16. Februar 2014

Die Verschärfung beginnt innen. Imperative aus der Bergpredigt

Wer an die Vorgängigkeit der göttlichen Gnade vor dem menschlichen Handeln glaubt, hat es in der Bergpredigt nicht leicht. Nicht nur, dass Jesus die Gesetze des Alten Bundes explizit nicht außer Kraft setzen will, er setzt sogar noch eins oben drauf: Seine Worte im heutigen Evangelium (Mt 5,17-37) sind eine ethische Verschärfung, die harte Konsequenzen mit sich bringt.

Topfpuppe, Weimar, 2014.
Denn der Anspruch Jesu ist nicht, wie oft vermutet oder suggeriert wird, die Weichspülung des alttestamentlichen Gesetzes; verkündet wird auch nicht der liebe Gott, der alle Menschen unterschiedslos so bei sich haben will, wie sie gerade sind. Auch ist er keiner, der eine Ethik des Bravseins lehren würde.

Jesus nimmt vielmehr das menschliche Denken ernst – innen fängt es an! Durch die Verlagerung ins Innere des Menschen bekommt die Ethik der Thora eine Dynamik, die die individuelle Gesinnung in den Fokus rückt. Schon vor der nach außen hin sichtbaren Tat sollen wir uns vor Gott stellen können als seine Kinder, die ihm wirklich ähnlich sind.
Das heißt:

Lass den Unmut nicht wachsen in Dir! (21-22) – Deine eigene Bitterkeit frisst Dich auf und untergräbt Deine inneren Fundamente, der Zorn wird mächtiger als Deine Freiheit, wenn Du ihn in Dir herrschen lässt.

Tu den ersten Schritt zur Versöhnung! (23-26) – Auf ein Anrecht verzichten, zum Frieden bereit sein, Dich überwinden hilft Dir, in Freiheit zu leben.

Lass die Lüsternheit nicht Herr werden über Dich – steh vielmehr zu denen, die Dir anvertraut sind! (27-32) – Wenn die Wünsche wuchern dürfen, überwachsen sie Dich irgendwann, gebiete ihnen lieber schon zu Beginn Einhalt.

Mach klare Worte! (33-37) – Wenn Du Dein Reden und Tun zu hoch aufhängst, zeigt sich daran nur Deine Unsicherheit oder Machtlosigkeit, darum bleib unten.

Sag Ja zum Nein.
Graffito, Neukölln, Berlin, 2013.
Und da, ganz am Ende, da ist sie schließlich wieder, Gottes Kraft – "du kannst kein einziges Haar weiß oder schwarz machen" (36) wird als Grund genannt, sich beim Schwören zurückzuhalten, denn der menschliche Einfluss auf die Dinge der Welt ist letztlich doch sehr begrenzt und ambivalent.

So lässt sich am Ende doch wieder glauben, dass Gottes Tun zuerst kommt und dass dies das eigentlich Entscheidende ist, um Gemeinschaft mit ihm zu haben. Aber einfacher machen es uns diese Sätze des Evangeliums sicher nicht.