Mittwoch, 24. Mai 2017

Er ist der Weg ins Unermessliche – Himmelfahrtsgedanken

In der Welt, aus der ich komme, machen Männer sich am Himmelfahrtstag mit ihrem Bollerwagen auf den Weg und trinken, was das Zeug hält.
Vor ein paar Jahren war ich am bayerischen Ammersee und habe mich am Himmelfahrtstag mit vielen Pilgern auf den Weg zum Kloster Andechs gemacht.
Und in diesem Jahr habe ich Gäste, die den langen Weg aus Hessen nach Berlin zum Evangelischen Kirchentag über Himmelfahrt gekommen sind.

Was haben diese drei Dinge miteinander zu tun?
Natürlich, es werden Wege zurückgelegt. Nicht nur das Wetter ermöglicht es, dass so viele unterwegs sind, auch das Thema des Tages fordert dazu geradezu auf.

Helfer auf dem Weg.
Moabit, Berlin, 2016.
Denn Jesus und das Motiv des Weges hängen von Anfang an eng miteinander zusammen:
Wenn Weihnachten der Beginn des Weges Jesu auf Erden war, so findet dieser Weg nun in seiner Himmelfahrt seinen Abschluss. Historisch kann natürlich gefragt werden, warum Jesus nach seiner Auferstehung genau 40 Tage gewartet haben soll, bis er mit dem Erscheinen vor den Jüngern aufhörte, um erst dann wieder zum Vater zurückzukehren. Theologisch ist klar, dass dem Ausgehen aus dem großen Geheimnis Gottes auch ein Wieder-Hineingehen, dem Aufbruch eine Rückkehr folgt. Was in der Geburt begann, endet mit der Auffahrt in gewisser Weise, um dann anders weiterzugehen (aber dazu Pfingsten mehr...).

Für uns Menschen heißt das, dass auch wir Pilgernde bleiben, bis auch wir diesen Weg hinein in die große Fülle vollendet haben werden.
Darum ist das "Auf-dem-Weg-Sein" am Himmelfahrtstag so passend – wir sind auf dem Weg, wie Jesus auf dem Weg war. Er war es sein Leben lang auf den Wegen und Straßen Galiläas und Judäas.
Er ist es an diesem Festtag.

In einem Gedicht1 von Andreas Knapp heißt es am Ende:

"grenzgänger über alles hinaus
wegbereiter ins unermessliche"

Das trifft es auf den Punkt. Wo wir noch straucheln und pausieren, hat Jesus schon einen Weg bereitet, der aus unserer eigenen Enge hinaus in die Weite Gottes führt. Die Grenzen dieser Welt gelten für ihn schon nicht mehr – und wir dürfen ihm schon heute darin nachfolgen.
Denn durch sein eigenes Leben hat Jesus uns an den Rand des unendlichen Gottes geführt und uns in seiner Liebe die über alles hinausreichende Zuwendung Gottes gezeigt.

Wenn wir uns zu Himmelfahrt auf den Weg machen, dann auf einen Weg des Herzens. Alle anderen Wege sind sicher nicht schlecht, stehen aber eher symbolisch für unsere Lebenspilgerschaft auf der einen und unser lebenslanges Ausgreifen nach dem Unermesslichen auf der anderen Seite.

Jesus ist dieser Weg ins Unermessliche – und an Himmelfahrt sind wir aufgerufen, innerlich aufzubrechen in seine Weite.

Wie weit hätten Sie's denn gern? Tempelhofer Feld, Berlin, 2017.
1   wo wohnst du. In: A. Knapp, Brennender als Feuer. Geistliche Gedichte. 4. Aufl. Würzburg 2007, 9.