Samstag, 28. April 2018

"feeling so connected" – Die Bildrede vom Weinstock (Joh 15)

Es gibt einen Song von Peter Gabriel, "More than this", in dem eine Art mystischer Begegnung besungen wird. Ein Mann erwacht in der Frühe, geht aus dem Haus und läuft so lange er kann. Dann sieht er Bewegung in der Luft. Und da steht er, alles, was er hatte, ist fort und sogar noch mehr, dann steht er still und spürt, fühlt sich verbunden.

...there is something else there
when all that you had has all gone
and more than this
i stand
feeling so connected
and i'm all there
right next to you
...

(Peter Gabriel, More than this)1

Ich kenne die Religiosität von Peter Gabriel nicht, aber das Gefühl, nicht allein zu sein und sich mit etwas oder jemandem Größeres verbunden zu fühlen, ist eine urreligiöse innere Bewegung.

Freitag, 27. April 2018

Gottes Nachbarn und unsere Nachbarn. Anstöße von Petrus Canisius und Papst Franziskus

Es gab Zeiten in der Kirchengeschichte, da wurde der Heilige Petrus Canisius, Tagesheiliger und Apostel Deutschlands, stärker verehrt.
Bei einem Blick, den ich auf der Suche nach Anregungen gestern in seinen Katechismus und seine Briefe warf, verstand ich auch, warum das so ist. Denn da ist viel von Abtötung und Gehorsam, Selbstverleugnung und den Demut zu lesen. So viel, dass selbst ich nichts so ansprechend fand, dass ich es gern hier präsentiert hätte.

Nur an einer Formulierung blieb ich hängen: In seinem Katechismus erklärt Canisius auch die Zehn Gebote und beim Ersten Gebot widmet er sich neben dem Gebot der Alleinverehrung Gottes auch der Frage, ob es sich gehöre, die Heiligen zu ehren. In klassischer Unterscheidung antwortet er: "Ja, aber nicht auf die Weise, wie es uns befohlen ist, Gott zu ehren, anzubeten und anzurufen", vielmehr würden die Heiligen als "auserwählte Freunde und Nachbarn Gottes" angerufen.1

Mittwoch, 25. April 2018

Kreuze für Bayern und Kippa für alle. Zwei religiöse Symbole im öffentlichen Raum

In zwei ganz unterschiedlichen Kontexten sind religiöse Symbole in den letzten Tagen wieder Gegenstand gesellschaftlicher Debatten geworden. Zum einen die Attacke auf einen kippatragenden Israeli im Prenzlauer Berg in Berlin durch einen Palästinenser, zum anderen durch die Anordnung, dass in bayerischen Behörden demnächst verbindlich Kreuze hängen sollen.

Einmal geht es um die privaten Ausdruck der persönlichen Religiosität, eine Einzelperson nimmt also ihr Recht auf freie Religionsausübung in Anspruch1 und wird deshalb angegriffen; einmal geht es um die Geste eines sich religiös-weltanschaulich neutral definierenden Staates, der sich augenscheinlich in einer religiösen Tradition verorten will.

Samstag, 21. April 2018

"Ich habe noch andere Schafe" – Jesus Christus als Hirte aller Religionen?

Ein Satz im heutigen Sonntagsevangelium (Joh 10,11-18) macht mir regelmäßig zu schaffen. Nachdem Jesus sich als guter Hirte eingeführt hat, sagt er:

"Ich habe noch andere Schafe, die nicht aus diesem Stall sind; auch sie muss ich führen, und sie werden auf meine Stimme hören; dann wird es nur eine Herde geben und einen Hirten." (v16)

Wenn alle Christen Jesus als ihren Hirten ansehen und als seine Herde von ihm zu Gott geführt werden wollen, dann kann es sich bei denen, die als "andere Schafe, die nicht aus diesem Stall sind" bezeichnet werden, nicht um Christen handeln.

Es scheint mir also die Frage nach Jesus und seinem Verhältnis zu den Anhängern anderen Religionen zu sein, die in oben genanntem Satz auftaucht (jedenfalls möchte ich ihn hier einmal so lesen). Unzählige Schriften sind zu dieser Problematik verfasst worden, das Problem wurde von den verschiedensten Seiten gewälzt.1
Hier nur ein paar Gedanken dazu:

Mittwoch, 18. April 2018

Neues von Tieren und Menschen und Gott. Texte von J.M. Coetzee und Monika Maron

Menschen und Tiere haben mehr gemeinsam, als viele von uns, besonders von uns Fleischessern, wahrhaben wollen.
Zugleich sind sie nach christlicher Überlieferung stark voneinander unterschieden, ist der Mensch bestimmt, über das Reich der Tiere und Pflanzen zu herrschen (vgl. Gen 1,26.28).
Diese beiden Meinungen müssen sich nicht ausschließen. Aber Menschen, die eine dieser Meinungen vertreten, neigen dazu, die Unhaltbarkeit der je anderen Meinung zu betonen. Oder sie wenigstens nicht mehr hören zu müssen.
Hinter diesen Meinungen verbirgt sich auch die umfassendere Frage nach der Stellung des Menschen in der Welt, nach seiner Würde und seiner Aufgabe.

Zwei aktuelle Romane bieten für beide Meinungen prägnante Texte an.

Samstag, 14. April 2018

Kein Tropfen darf zu Boden fallen! Hilde Domin und die Auferstehungsbotschaft

Was ist von uns Christen verlangt?
Dass wir von unserer Hoffnung auf die Auferstehung sprechen, die aus dem Zeugnis der Apostel von der Auferweckung Jesu folgt.
In den Evangelien nach Ostern jedenfalls geht es dauernd darum. Das heutige Sonntagsevangelium (Lk 24,34-48) handelt von einer Erscheinung des Auferstandenen vor seinen zweifelnden Jüngern und endet mit dem Satz: "Ihr seid Zeugen dafür." (v48)

Leider ist die Auferstehungshoffnung nicht unter allen heutigen Christen angekommen, und nicht überall wird sie bezeugt, aber ohne sie ist kein Christsein.

Beim Lesen eines Gedichtes habe ich mich an die Aufforderung zum Zeugnis erinnert.

Donnerstag, 12. April 2018

Kriegsgefahr – Und ein Satz von Monika Maron

Überall wird davon gesprochen, dass die USA unter ihrem Präsidenten Donald Trump demnächst in einen Krieg stolpern würde. Erst die Kriegsrhetorik gegenüber Nordkorea, dann die Provokationen in Richtung des Iran wegen des angeblich unzureichenden Atomabkommens und nun die Ankündigung eines Angriffs gegen das syrische Regime mit seinem Unterstützer Russland.

Wenngleich ich die ständigen Drohungen und Kraftmeiereien unsäglich finde, sehe ich doch auch, dass die Möglichkeiten völkerrechtlicher Beschlussfassungen auf dem Boden der UN augenscheinlich an ein Ende kommen.
Die vielgenannte "responsibility to protect" wirkt wie ein großer Luftballon, aus dem immerzu Luft abgelassen wird bis nichts mehr übrig bleibt.

Freitag, 6. April 2018

Die Trauerarbeit des Apostels Thomas

Ich stelle mir den Apostel Thomas als einen Menschen vor, der gut zu trauern gelernt hat.

Denn den anderen Jüngern ließe sich ohne Weiteres unterstellen, sie hätten mit dem Verlust ihres Meisters nicht fertig werden können und befänden sie sich in den Tagen nach Ostern im Zustand des Nicht-wahrhaben-Wollens. So nennt die Psychotherapeutin Verena Kast die Phase des Trauerprozesses direkt im Anschluss an den Tod eines geliebten Menschen.1
Mit dem Tod Jesu, so könnte den Jüngern unterstellt werden, vermögen sie sich nicht abzufinden, weshalb sie Jesu erneute Gegenwart imaginierten.
Die Gestalt des Thomas widerspricht einer solchen Deutung der Auferstehungsbotschaft.

Mittwoch, 4. April 2018

Peinlicher Osterglaube oder: "ein verwandeltes Weinen"

Wie sie sich geschämt haben müssen!
Weggelaufen waren sie, hatten sich verkrochen und waren tagelang nicht mehr aufgetaucht, um auch ja nicht mit ihm in Verbindung gebracht zu werden, hatten abgestritten, mit ihm unterwegs gewesen zu sein und bisweilen sogar geleugnet, ihn überhaupt zu kennen.

Und nun steht er da, mitten unter ihnen, als Lebendiger!
Grüßt sie, wünscht ihnen Frieden!
Wie peinlich!

Sonntag, 1. April 2018

Ostern: Happy End? Nein: Happy Start!

Mit Ostern geht Jesu Geschichte auf Erden zu Ende. Aber es ist kein Happy End!

Wo ein Film nach dem glücklichen Ende abblendet und uns in die wohlige Gewissheit entlässt, dass nun alles gut und gesichert ist, da ist Ostern erst der eigentliche Beginn von allem.