Posts mit dem Label Berlin werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Berlin werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Sonntag, 9. Oktober 2016

"Liturgie und Ritual im Wandel" – Drei Tagungseindrücke

In dieser Woche fand in Berlin eine Tagung statt, die eine "zeitgemäße Feier unseres Glaubens" in den Blick nehmen wollte. Dafür waren zwei wissenschaftliche Referenten und eine Reihe ExpertInnen aus der Praxis geladen, die einen Aufriss dessen gaben, was es an liturgischen Möglichkeiten und Wägbarkeiten gibt, wenn wir unseren Glauben feiern.
Drei Gedankengänge sind mir besonders hängen geblieben.

Dienstag, 20. September 2016

Unentschieden – Von den Gefahren der Sehnsucht zu Jan Twardowski

Natürlich hat irgendjemand gewonnen. Irgendwie.

Und doch liegen die Ergebnisse von SPD, CDU, Grünen, Linken und AfD nach der Berliner Wahl am Wochenende so nah beisammen, dass ich den Eindruck bekomme, es sei eine Art Unentschieden.

Mittwoch, 7. September 2016

Von der Haltung eines Seelsorgers – Gedanken im Anschluss an Emmanuel Carrère

In diesen Tagen beginne ich an einer neuen Stelle zu arbeiten – ich werde als Gefängnisseelsorger in Berlin tätig sein und überlege seit längerem, welche Haltung ich dabei einnehmen will.
Passenderweise lese ich zeitgleich "Das Reich Gottes" von Emmanuel Carrère, ein autobiographisch-romanhaft-essayistisches Hybrid-Buch, das von Glauben und Nichtglauben handelt, von religiösen Erfahrungen und Anfechtungen eines kritischen Intellektuellen und davon, was das mit dem Urchristentum zu tun hat.
Zu diesem faszinierenden und eingängig geschriebenen Buch vielleicht später einmal mehr.

Hier geht es mir nur um den Anfangsteil, in dem der Autor sehr beeindruckend die Begegnungen mit seinen (ich formuliere mal sehr weit) spirituellen Begleitern und Mentoren beschreibt. Es handelt sich um seine Patentante Jacqueline, zu der eine ganze Reihe von Menschen mit ihren Problemen kommen, und um deren zweites Patenkind Hervé, der wiederum zum Freund des Ich-Erzählers wird.

Samstag, 9. Juli 2016

Begegnungen mit einem blutenden Gott oder nur Dekonstruktion? "El Siglo de Oro" in der Gemäldegalerie Berlin

"Ich krieche fast hinein, aus solcher Nähe betrachte ich den am Kreuz hängenden Körper. Er ist von Nägeln durchschlagen, das Handgelenk und der Fußrücken. Rote Farbe ist aufgetragen, das ist das Blut. Auf dem Kopf eine Dornenkrone, auf dem Gesicht Blutstropfen. Ich würde sie abkratzen, doch ich habe Angst, ihn anzufassen. Gottes Sohn, das ist gefährlich."1

Solch eine emotionale Nähe zu Darstellungen des Gekreuzigten, wie sie Peter Esterhazy in seinem letzten Buch beschreibt, wirkt heute nahezu unverständlich – und doch können solche für den religiösen Gebrauch bestimmten Werke sogar im musealen Kontext eine erschreckend-berührende Kraft entfalten, wenn man beispielsweise die Skulptur des gekreuzigten Leichnams Jesu von Gregorio Fernández in der Ausstellung "El Siglo de Oro" in der Gemäldegalerie Berlin betrachtet und umschreitet. Und es gibt gleich eine ganze Reihe solcher Werke in dieser Ausstellung zu sehen.

Dienstag, 14. Juni 2016

Die Ecke macht's – Altarwand und Hauskapelle im Christian-Schreiber-Haus

Das Jugendbildungshaus, in dem ich arbeite, hat eine bemerkenswerte Kapellenarchitektur. Im Halbrund sitzt die Gemeinde einer großen, abstrakt gestalteten Wand gegenüber, davor befinden sich der Altar und die Sedilien der Liturgen. In die grau gehaltene Wandgestaltung eingebunden sind sowohl der Tabernakel als auch das Kreuz und ein buntes Fenster.

Kapelle mit Altarwand, Christian-Schreiber-Haus, Alt-Buchhorst, 2016.

Donnerstag, 26. Mai 2016

Ich und Wir und all die Anderen - Katholikentagsimpressionen

Unbeabsichtigt hat sich in meine Erlebnisse beim Katholikentag in Leipzig ein Thema eingeschlichen: ich. Und wir. Und ER. Und schließlich alle.
Nicht nur, dass ich, mal mehr, mal weniger zufällig, viele alte Freunde, Bekannte und Weggefährten getroffen habe, die mich an meine verschiedenen Leben erinnerten und beim Weitergehen ermutigten.
Auch die Veranstaltungen, die ich besucht habe, gingen in diese Richtung. Einige Eindrücke. 

Dienstag, 10. Mai 2016

Entstehung neuer Glaubensräume? – Eröffnung eines Pastoralen Raumes in Berlin

Gerade habe ich einen außerordentlichen Gottesdienst in der Kirche St. Richard im Norden Neuköllns besucht, Erzbischof Koch und Teile des Ordinariats, viele Hauptamtliche aus den Pfarrgemeinden und anderen Orten kirchlichen Handelns waren vor Ort und es wurde Eucharistie gefeiert.

1
Ich hatte ein eigenartiges Gefühl dabei: man feiert den Beginn einer so genannten "Entwicklungsphase", weil eine Umstrukturierung der kirchlichen Arbeit vorgenommen werden muss, die auf größtenteils nicht beeinflussbaren Umständen fusst. Es drängt sich also der Eindruck auf, dass nicht aus eigener Entscheidung heraus, sondern aus der Notwendigkeit der Fakten gehandelt wird, die auch auf der Homepage des Erzbistums benannt werden: "Ein verändertes Verhältnis des modernen Menschen zu Glaube und Kirche, die Nöte der Zeit, der demographische Wandel, die sinkende Zahl der Priester".

Sonntag, 1. Mai 2016

"Einen Tempel sah ich nicht ..." – Revolution der Unmittelbarkeit

Die Vertreter der revolutionären Utopie der einstmaligen Arbeiterbewegung werden sich zu den bekannten klamaukartigen Tumulten und Gewaltorgien auch in diesem Jahr wieder in Berlin und an anderen Orten zusammenfinden.
Da das Christentum eine Selbstentfremdung durch was auch immer ebenfalls ablehnt und vielmehr geschwisterliche Gerechtigkeit und umfassende Befreiung sucht, ließen sich auf inhaltlicher Ebene durchaus Berührungspunkte finden – mit den bewährten Abgrenzungen gegenüber Hass als Grundlage des Diskurses und brachialer Gewalt als Mittel seiner Durchsetzung.
Und mit einem anderen Ziel.

Samstag, 30. April 2016

"und" - Blogpoesie eines Fortgeschrittenen

Eine Anmerkung in eigener Sache:
Mit dem letzten Beitrag habe ich hier nun genau 300 Posts zu verschiedensten Themen abgelegt. Mit diesem Fortschreiten verbinde ich einen kleinen Rückblick.
Wichtig ist mir beim Schreiben in der Regel, dass neue Beziehungen zwischen Dingen aufscheinen können, die sonst nicht so stark betont werden.
Ein Ziel dieses Blogs ist nämlich, Denkgewohnheiten zu irritieren, nicht immer durch die einzelnen Inhalte, Gedanken oder Themen, sondern eher durch ungewöhnliche Zusammenstellungen.
Besonders in den Posttiteln (oder auch beim Namen des Blogs selbst) versuche ich dies zu verdichten – mal mehr mal weniger originell.

Grammatikalisch dient mir dazu die schöne Konjunktion "und", die aus diesem Grund auch eine eigene Verschlagwortung bekommen hat und an dieser Stelle mit einer Auswahl an Titeln zu Ehren kommen soll.

Mittwoch, 20. April 2016

Wie geht Integration? - Eine Foto-Reflexion vom Tempelhofer Feld

Wenn nun alle Welt über die Integration von muslimischen Flüchtlingen in europäisch-westlich geprägte Gesellschaften spricht - und die AfD sich überdeutlich gegen den Islam stark macht, nehme ich dies zum Anlass für eine fotografische Reflexion anhand eines inzwischen überregional bekannten Ortes in Berlin.

Dem Tempelhofer Feld sieht man den Gang seiner Geschichte nur an einigen Stellen an: es war sowohl militärischer Paradeplatz als auch Flugplatz für die Rosinenbomber, es war Ort eines Konzentrationslagers und ist heute Freizeitpark - auf dem zugleich mehrere tausend Flüchtlinge in den ehemaligen Hangars wohnen. 

Das Feld ist sozusagen ein Querschnitt durch Deutschland.

Dienstag, 15. März 2016

Zumutung Demokratie – "Wechselseitige Anerkennung gleicher Freiheit"

"Demokratie unterstellt allen die Fähigkeit, ihre eigenen Angelegenheiten beurteilen zu können."1 Darum lässt sich am Beginn der Demokratie eine Art "Versprechen wechselseitiger Anerkennung gleicher Freiheit"2 denken, das die Grundlage der Demokratie bildet.
Noch stärker ausgedrückt mündet diese wechselseitige Freiheitsunterstellung dann in der These: "Mit der demokratischen Anerkennung unterstellen wir uns ein gleiches Urteilsvermögen."3
Denn wir sind zwar "nicht alle gleich klug, gebildet oder erfahren. Aber die Demokratie unterstellt allen das gleiche Vermögen, eigene und öffentliche Angelegenheiten zu beurteilen, wenn sie gleiche politische Entscheidungsrechte vergibt. Diese Unterstellung ist nicht als barmherzige Nivellierung bestehender intellektueller Unterschiede zu verstehen. Vielmehr ist politisches Urteilsvermögen keine Fähigkeit, die einfach mit Ausbildung oder Intellektualität zunehmen würde, wie nicht zuletzt die Verführbarkeit von Intellektuellen durch den Totalitarismus des 20. Jahrhunderts zeigt. Politische Urteilskraft betrifft die elementare Fähigkeit, beurteilen zu können, was für das eigene Leben richtig und wichtig ist und was nicht."4

Montag, 22. Februar 2016

Der Gekreuzigte 2 – "Neues vom Planeten Mars" aus dem Berlinale-Wettbewerb 2016

Die französische Tragikomödie "Neues vom Planeten Mars" begleitet den titelgebenden Philippe Mars für einige Tage durch sein turbulentes Leben am Rande von Paris.
Um es gleich vorab zu sagen: Philippe wird zwar vorgestellt als einer, der sich gegen die vielen Ansprüche seiner Umwelt anscheinend nicht wehren kann – doch nach und nach erscheint er immer mehr als zwar nicht glänzende, dafür aber zutiefst menschliche Rettergestalt.

Freitag, 12. Februar 2016

"Was hab ich denn verbrochen?" – Berlinale-Empfehlung "Auf einmal" von Asli Özge

Die Berlinale ist seit gestern eröffnet und es scheinen wieder eine Menge sehenswerter Filme im Programm zu sein. Heute habe ich "Auf einmal" ("All of a sudden") von Asli Özge gesehen, der eindeutig zu den besten Filmen der letzten Monate gehört.
Der Titel deutet es an – "auf einmal" ist alles anders, eine kleine Begebenheit bringt plötzlich eine große Geschichte in Gang und wirbelt viele Leben durcheinander.

Mittwoch, 3. Februar 2016

Einen Orden verlassen – in Gesellschaft Jesu bleiben

Anfang Februar vor vier Jahren habe ich den Jesuitenorden verlassen. Ich bin in Frankfurt am Main in ein Auto gestiegen und mit kurzen Abstechern nach Berlin gefahren.
Das klingt zunächst einfach.
Aber diesem Tag ging selbstverständlich ein längerer Prozess voraus – und ihm folgte ebenso ein längerer Prozess.

Wenn ich jetzt, inzwischen als Ehemann und Vater (und ironischerweise am Ende des von Papst Franziskus ausgerufenen Jahr der Orden), darauf schaue, dann sehe ich einen langen inneren und äußeren Weg. Den werde ich hier nicht ausbreiten, wohl aber ein paar Gedanken – und Fragen. Gefühle und Zustände also anstelle von expliziten Gründen.

Samstag, 19. Dezember 2015

"Leben und Wirklichkeit wie nie zuvor" - Dietrich Bonhoeffer schreibt im Advent

Am 19.12.1944 schrieb der seit gut eineinhalb Jahren inhaftierte Dietrich Bonhoeffer aus den Kellern der Prinz-Albrecht-Straße in Berlin (heute Gelände der "Topographie des Terrors") an seine Verlobte Maria von Wedemeyer.
Der Brief vermittelt einen kleinen Eindruck von der Lage und dem Denken des Theologen und Widerständlers im Advent des letzten Kriegsjahres, der auch sein letzter Advent auf Erden sein würde:

Montag, 9. November 2015

Martinstat statt Pferdefreude

Es gibt in Berlin eine ganz eigenartige Skulptur, die mit ihrem unpassenden Pathos einen schalen Nachgeschmack bei mir hinterlässt – aber zugleich eine Inspiration zum nahenden Gedenktag des Heiligen Martin darstellt.

Samstag, 19. September 2015

Nicht mein Vorwärtskommen, sondern Gottes Ankommen bei mir

1
Jesus spricht im Evangelium des Sonntags (Mk 9,30-37) zunächst von Leid und Tod und Rettung. Dass "der Menschensohn" an die "Menschen" ausgeliefert wird, ist aber für die Jünger zu weit weg, sie sind emotional nicht angesprochen von dieser Aussage.
Denn sie hatten bei diesen Worten im Hinterkopf sicher die Vorstellung der endzeitlichen Gestalt eines "Menschensohnes" aus dem Himmel, der eine "ewige, unvergängliche Herrschaft" (Dan 7,14) antritt. Diese Verknüpfung wird nun durch die Worte Jesu auf den Kopf gestellt, wenn gerade jener von Gott kommende Herrscher in Menschengestalt nun an Menschen ausgeliefert werden soll.
Augenscheinlich können sie weder "Leid" und "Menschensohn" noch den "Menschensohn" und sich selbst in eine sinnvolle Beziehung zueinander bringen. Dabei hatte sie Jesus extra mitgenommen, um ihnen gerade diese wichtige Sache zu sagen.

Dienstag, 30. Juni 2015

mürbe werden

Müde bin ich.
Das Kind den ganzen Tag schon so unruhig. Etwas Sammlung täte gut. Aber überall drängt Unruhe sich vor. Innen und außen Druck und Geschrei und Leerlauf. Neuköllner Vorherrschaft einer aggressiven, sich selbst ungewissen Menschheit. Die eigene Aggression im Straßenverkehr bemerken. Arbeitet sich das in mich hinein?
Und überall Baustellen!

Mittwoch, 27. Mai 2015

Philosophische Erlösungshoffnung – Anmerkungen zu "Gott denken" von Holm Tetens

Der Berliner Philosoph Holm Tetens hat sich jüngst einer für zeitgenössische Philosophen ungewöhnlichen Aufgabe unterworfen – er hat versucht, unter dem Titel "Gott denken. Ein Versuch über rationale Theologie"1 eine vernunftorientierte Theologie als philosophische Fragestellung wiederzugewinnen.
In der Reclam-Reihe [Was bedeutet das alles?] schreibt der (nach eigener Aussage) früher selbst agnostisch und atheistisch argumentierende und "auf der zeitgeistsicheren Seite beheimatet"2 gewesene Autor demzufolge über die Plausbilität von Theismus und Naturalismus, über das Verhältnis von Physischem und Mentalem, über Leid und Freiheit des Menschen – und macht sich schließlich gegen einen naturalistisch orientierten philosophischen Mainstream für die "vernünftige Hoffnung"3 auf Gott in einem "theistischen Idealismus"4 stark.

Sonntag, 17. Mai 2015

Auf Wahrheitssuche: "khroma" - Eine Ausstellung in St. Christophorus Neukölln

"Heilige sie in der Wahrheit" (Joh 17,17), so bittet Jesus im heutigen Evangelium seinen himmlischen Vater für die Jünger. Was auch immer "in der Wahrheit geheiligt zu werden" genau bedeutet, die Frage nach Wahrheit war für das Christentum immer eine Herausforderung, wenn es um andere Meinungen ging.

Die Kirche, in der ich dieses Evangelium heute gehört habe, ist zur Zeit mit einer "khroma" betitelten Installation der Künstlerin Gabi Schillig ausgestattet. Mir ging auf dem Weg nach Hause auf, wie gut dieser Text und dieses Kunstwerk zusammen passen.

khroma von oben. St. Christophorus Neukölln, Berlin, 2015.