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Donnerstag, 4. Mai 2017

"Fern von Rom und nah beim Kreuz" - "Evangelio" von Feridun Zaimoglu

Die Ausgangslage dieses aktuellen "Luther-Romans"1 ist vielversprechend – der katholische Landsknecht Burkhard muss den "Ketzer" Martin Luther im Auftrag des Kurfürsten vor allen möglichen Feinden schützen. Im Wechsel von Ich-Erzählung dieses Beschützers und Briefen Luthers an diverse Gefolgsleute tritt das Jahr 1521/22 auf der Wartburg in das wechselnde Licht zweier gegensätzlicher Perspektiven.

Samstag, 18. März 2017

Die Grenzen und die tiefe Sehnsucht. Über Jesu Gespräch mit der Samariterin (Joh 4)

Das Gespräch am Jakobsbrunnen aus dem Evangelium des Sonntags (Joh 4,5-42) hat exemplarischen Charakter. Der Evangelist Johannes stellt anhand der Begegnung Jesu mit der Samariterin heraus, dass Menschen mit einer existenziellen Frage oder einer tiefen Sehnsucht im Herzen bei Jesus Gottes Heil und ein Leben in Fülle finden können.

Im Verlauf des Gesprächs erkennt die Frau Jesus in immer tieferem Maße – zunächst ist ihr nur klar, dass er als „Jude“ auf sie zutritt (v9). Nach einigen Sätzen fragt sie sich (und ihn) schon, ob er denn größer als ihr gemeinsamer Vorvater Josef sei (v12) und kommt zum Schluss, dass er ein „Prophet“ sein müsse (v19). Als er dann von der Zeit spricht, in der Gott unabhängig von einzelnen Anbetungsorten und -formen zu finden sei, erwähnt sie den verheißenen „Messias“ – als der er sich ihr sogleich zu erkennen gibt (v25.26). Das alles führt schließlich zum Bekenntnis der ganzen Stadt zu Jesus als dem „Retter der Welt“ (v42).

Montag, 13. März 2017

Dornbusch und Dornenkrone

Wie wurde Gott erlebbar für diejenigen, die die Bibel schrieben? Konkret: wie erfuhr das Volk Israel in den Höhen und Tiefen seiner Geschichte, in Aufstieg und Fall, dass Gott ihm nahe ist?

Es gibt zwei Richtungen, die ich beispielhaft benennen möchte: Gott und seine Führung werden greifbar sowohl in der Einnahme Jerichos, und damit in einer Episode militärischer Größe als auch im Verlust des Landes und dem Elend des Babylonischen Exils. Beide Erfahrungen deutet die Bibel als Zeichen und Eingreifen Gottes. Nicht nur Spitzenerfahrungen zeigen, dass Gott da ist, sondern auch Niederlagen.

Samstag, 18. Februar 2017

Vollkommen – Das christliche Gottesbild als Aufgabe

Im Evangelium des heutigen Sonntags (Mt 5,38-48) setzt Jesus noch einen drauf: Seine Worte aus der Bergpredigt sind der Höhepunkt! Der ethische Maximalanspruch des Christentums! Das Alleinstellungsmerkmal!

Lass dich von deinem Aggressor noch einmal schlagen! Gib nicht nur das juristisch Geforderte, sondern sogar noch mehr! Begleite freiwillig den, der dich unter Zwang zum Mitgehen fordert! Und schließlich: Halte den, der dir Böses will, nicht nur aus, sondern schließ ihn in dein Herz!

Für die einen sind diese Imperative völlig verstörend und abseitig, für die anderen der entscheidende Grund, sich der christlichen Botschaft zuzuwenden.

Jesu Forderungen sind, das ist ganz klar festzuhalten, eine moralische Überforderung für den Menschen. Es handelt sich nicht um intuitiv einsichtige Gebote, wie das Gebot, nicht zu töten. Aus Respekt vor dem Leben kein Leben auszulöschen, das leuchtet ein.
Aber die Aussagen im heutigen Evangelium widersprechen der Alltagsrationalität radikal, führen sie doch, konsequent weitergedacht, in die Selbstaufgabe. Kann das gefordert werden?

Samstag, 11. Februar 2017

Unbescheiden - Zu Jesu Antithesen

Wenn Jesus im heutigen Sonntagsevangelium (zum Text Mt 5,17-37 auch hier) den Geboten der Tora aus eigener Vollmacht neue Tiefe und Ausdeutung gibt, dann ist schon fraglich, wie ein Mann seiner Zeit in Galiläa überhaupt dazu kommt, mit solcher Gewissheit und solchem Anspruch über die Tora zu predigen.
Wer über die Heiligen Schriften Israels so sprechen kann: "Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist..." (Mt 5,21.27 u.ö.) und gleich dagegen setzt: "Ich aber sage euch..." (Mt 5,22.28. u.ö.), der hat entweder zuviel Selbstbewusstsein – oder in ihm ist wirklich etwas Besonderes.

Freitag, 10. Februar 2017

Auf wen schaut Jesus hinter Gittern?

Im Gefängnis versuche ich auf verschiedene Weise, meinen Gesprächspartnern die aufrichtende Botschaft des Gottes Jesu Christi nahezubringen. Wenn es mir sinnvoll erscheint, spreche ich von Gott, ich verzichte dabei allerdings meist auf konkrete biblische Texte. Bisweilen suche ich aber Anregungen bei der in den Evangelien überlieferten Person Jesu.

In letzter Zeit ist es eine bekannte Perikope aus dem Markusevangelium, die ich als Hilfe anbiete, weil mein Gedanke dazu hoffentlich auch für kirchenferne Menschen (und das ist der Hauptteil derer, mit denen ich Kontakt habe) anschlussfähig ist.

Samstag, 4. Februar 2017

Licht und Salz oder: Gott denkt so groß von uns, dass er durch uns gegenwärtig werden will

Sei ein gutes Vorbild christlichen Lebens und wirke in der Suppe der Welt so, dass sie einen anständigen Geschmack bekommt!
So einfach und bündig mag man das Evangelium des heutigen Sonntags (Mt 5,13-16) mit den Zusagen Jesu, dass seine HörerInnen "Salz der Erde" (v13) und "Licht der Welt" (v14) seien, zusammenfassen - wenn man es nur oberflächlich hört.
Aber das wäre ein bißchen fleischlos und arg moralisch. Was also ließe sich weiter dazu sagen?

Sonntag, 15. Januar 2017

Alle mit ihm bekannt machen – Gedanken zum Sonntagsevangelium

Die Sonntagsevangelien setzen in der Zeit nach Weihnachten mit dem Erzählen der Geschichte von Jesus noch einmal neu an. Nach der Feier der Taufe Jesu (als dem Aufbruch zum öffentlichen Wirken Jesu) in der letzten Woche wird nun noch einmal das Zeugnis des Täufers vorgestellt, wie es sich das Johannesevangelium theologisch ausmalt (Joh 1,29-34).

Dass dieser wüstenstauberfüllte jüdische Erweckungsprediger seine Erfüllung nun darin findet, einen Handwerker aus Galiläa groß werden zu lassen, weil er in ihm den Erwählten des Herrn erblickt, ist natürlich erstaunlich.

Schaue ich aber auf mich selbst, finde ich wenig von einem Erweckungsprediger in mir und muss überlegen, was seine Aussagen mir für mein Leben und für meine Arbeit mit Inhaftierten in einem tendenziell religiös indifferenten Umfeld zu sagen haben.

Freitag, 6. Januar 2017

Drei Könige: Neuausrichtung – Leitung – Blockadenüberwinder

Es sind drei Gedanken, die am zweiten großen Fest des Weihnachtsfestkreises zu Besuch kommen.

1. Neuausrichtung
Den ganzen Advent über ging es darum, dass der kommende Herr einen Platz findet. Die Spiritualität der Vorbereitung auf das Fest der Geburt Jesu wird geprägt von der Herbergssuche in den Herzen und der Zubereitung eines wachsam-offenen Geistes zu diesem Zweck.
Nun bekommt das Denken – ganz passend neujährlich – eine neue Richtung. Denn jetzt sind nicht wir die Erwartenden, sondern dürfen uns auf dem Weg zum göttlichen Neugeborenen wissen, das seinerseits einen Besuch erhalten soll.

Samstag, 24. Dezember 2016

Make mankind great again! Gottes Weihnachts-Slogan

Seit ich als Gefängnisseelsorger arbeite, fragen mich immer wieder Menschen, was denn die Inhaftieren von mir wollen, wenn sie um ein Gespräch bitten. Ob sich denn Viele bekehren würden, ob Menschen ihr Gewissen erleichtern wollten.
Wenn ich dann sage, dass ich oft einfach ein Bedürfnis sehe, mit jemandem zu sprechen und jemandem ein familiäres oder ein sonstiges Problem zu erzählen oder eine Frage loszuwerden, findet man das zwar interessant, aber eben nicht besonders spektakulär. (Vom Wunsch nach Tabak und Kaffee einmal abgesehen...)
Tatsächlich ist es ja eine spannende Sache, dass aus diesem kleinen Kind, auf das wir an Weihnachten schauen, am Ende eine Religion entstehen wird, in deren Auftrag ich jetzt im Rahmen des Justizvollzugs tätig bin und Menschen auf einem kleinen Abschnitt ihres Lebens begleite.
Wir feiern die Geburt dieses Mannes aus dem Volk Israel, wegen dem ich heute einen Gottesdienst feiere und der heute noch Menschen dazu bringt, einander ihr Leben zu erzählen, einander ein Stück zu begleiten, einander zuzuhören.
Natürlich ist das Erzählen und Hören nicht nur Jesus geschuldet und vielleicht könnte das auch irgendwie anders möglich sein. Aber schon dann, wenn es allein das wäre, was Jesu Geburt gebracht hat, dass Menschen einander mehr zuhören, wäre das doch klasse.

Dienstag, 13. Dezember 2016

Viele Male Josef: der Loslassende, der Demütige, der Getröstete, der Erwachte...

Das Evangelium des kommenden Vierten Advents (Mt 1,18-24) stellt die Geschichte der Geburt Jesu aus der Sicht Josefs dar. Einige Gedankensplitter.

Der will sich zunächst, in guter Weise, wie versichert wird, aus dem Staub machen. Wie edel seine Motive allerdings auch seien, sie wären darauf hinausgelaufen, dass Maria allein ein uneheliches Kind aufgezogen hätte. Menschlich (und wenn man so will, auch juristisch) ist die Sache und Josefs Gedanke damit eindeutig und klar. Zwar will er "sie nicht bloßstellen" (v19), aber seine eigene Reputation will er schon auch noch wahren.

Dienstag, 6. Dezember 2016

Advent und das Wunder des werdenden Lebens

Wer von Advent und Weihnachten im christlichen Sinne spricht, spricht immer auch davon, dass Jesus Christus als Mensch geboren wird. Dass Gott da also ein Mensch werden will, wird, insofern eine solche Aussage nicht ins Mythologische abgeschoben wird, gemeinhin als Wunder bezeichnet.

Doch bei genauerer Betrachtung ist das größte Wunder eigentlich, dass durch den sexuellen Akt überhaupt neues Leben entsteht. Dass die Eizelle einer Frau und die Samenzelle eines Mannes zusammen fähig sind, in der Gebärmutter der Frau ein neues Lebewesen entstehen zu lassen, ist eigentlich gar nicht zu fassen.

Samstag, 26. November 2016

Der dreifache Advent – Gott zum Menschen hinterhergehen

Bekanntlich schaut die Adventszeit in drei verschiedene und zugleich miteinander verknüpfte Richtungen: das dreifache Kommen Gottes zu den Menschen.

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Da ist zum einen der Blick nach vorn in die Zukunft, auf das zukünftige Kommen eines Retters in den letzten Tagen. Davon spricht zum Beispiel die Evangelienlesung an diesem Ersten Advent. Die Endzeit war ein bestimmendes Thema der Verkündigung Jesu und dementsprechend voll sind die Evangelien mit diesbezüglichen Hinweisen und Ausmalungen.
Für heutige Menschen gibt es ähnlich viele Vorstellungen und vor allem Ängste bezüglich der Zukunft und der bedrohlichen klimatischen, politischen oder sozialen Verwerfungsschatten, die sie augenscheinlich schon vorauswirft.

Freitag, 25. November 2016

Schluss mit der Trickserei! – Advent ist nahe

Es geht auf den Advent zu und die Welt scheint schon in den Startlöchern zu sitzen. Allerorten (auch im Gefängnis!) wird Schmuck angebracht und erwartet, dass es endlich gemütlich wird.

Beim Blick in die biblischen Texte, die die Ankunft (denn nichts anderes bedeutet adventus ja) thematisieren, zeigt sich allerdings, dass es dabei oft um das unerwartete Kommen eines Rechenschaft einfordernden Herren geht.
Dementsprechend wird alles geordnet, die Bücher müssen stimmen, Zahlen werden schnell geprüft, Löhne ausgezahlt, denn wenn etwas nicht stimmt, wird es ungemütlich.

Samstag, 15. Oktober 2016

Bleib trotzdem dran! – Eine Gefängnispredigt

Im morgigen Evangelium (Lk 18,1-8) wirbt Jesus dafür, immerfort zu beten und spricht in einem Gleichnis von einem als ungerecht und rücksichtslos bekannten Richter, der sich auf das Betteln einer Witwe hin entscheidet, ihr zu ihrem Recht zu verhelfen.

So oder so ähnlich werde ich morgen in einem Sonntagswortgottesdienst in der JVA predigen:

Sonntag, 11. September 2016

Schwarze Schafe sind keine Feinde!

Die Beispiele Jesu im heutigen Evangelium (Lk 15,1-10) drehen sich um unterschiedliche Wertigkeiten – die Verlorenen werden von ihm so hoch geschätzt, dass daneben sogar das sicher Besessene verblasst.
Der Kontext dieser Aussagen ist ein Streitgespräch mit Schriftgelehrten, die sich darüber aufregen, dass Jesus mit Zöllnern und sonstigen Sündern abgibt. Der Prediger verglich dieses Vorgehen Jesu im heutigen Gottesdienst am Rande damit, dass es so wäre, wenn wir uns mit AfD-Leuten zusammen an den Tisch setzen würden.

Freitag, 2. September 2016

Uralt-frischer Quell – Ein Gedanke von Hans Urs von Balthasar

Was nützt es uns heute, dass Gott sich vor 2000 Jahren in Jesus Christus gezeigt hat und was hat es mit unserem Leben zu tun?
So müssen sich wohl viele Nichtchristen (und Christen) fragen, denen nicht spontan ein tragfähiger Sinn aus der Gottesoffenbarung in Jesus Christus aufgeht. Zudem scheint sich der kirchliche Ballast theologischer Gedankengebäude aus vielen Jahrhunderten zwischen uns und dieses Ereignis zu drängen, so dass ein persönliches Angesprochensein durch Jesus Christus und seine Botschaft noch schwieriger wird.
Wenn sich in unsicheren Zeiten dann theologisch konservative Gruppen verstärkt auf den Wert kirchlicher Traditionen berufen, stellt sich die Frage, wie die Botschaft von Jesus noch als persönliches Wort an einen Menschen im Heute ankommen kann.

Dienstag, 23. August 2016

Christsein als Bundesgeschehen

In letzter Zeit kommt mir dieses Thema immer plausibler vor – dass für das Verständnis des christlichen Lebensvollzugs beim durch Gott vorgeschlagenen Bund anzusetzen ist, bei einem Bund, der seit den Bundesschlüssen, von denen das Alte Testament berichtet, bis zu jeder einzelnen heutigen Person reicht.

Schon unsere normale Bezeichnung für die beiden Teile der Bibel erinnert daran, denn es ist das "Wort 'Testament', das über das griechische diathéké das alttestamentliche Wort für Bund (beríth) wiedergibt".1 In den biblischen Büchern geht es mithin nicht um das Erzählen von Geschichten, sondern um das Zeugnis von diesem Bund Gottes mit den Menschen.
Joseph Ratzinger verweist in diesem Zusammenhang auf die rabbinische Theologie, nach der der Bundesgedanke sogar der innerste Grund der Schöpfung der Welt sei: "Der Kosmos wird geschaffen, nicht damit es vielerlei Gestirne und Dinge gebe, sondern damit ein Raum sei für den 'Bund', für das Ja der Liebe zwischen Gott und dem ihm antwortenden Menschen."2

Samstag, 30. Juli 2016

Alles im Ganzen und die Welt in Gott. Über die Weltmystik des Ignatius von Loyola

Der Festtag des heiligen Ignatius fällt in diesem Jahr auf einen Sonntag. So können die Feiernden auch aus den Texten des Sonntags sinnreiche Anregung für die Erinnerung an diesen großen Mann schöpfen.
In der Lesung aus dem Buch Kohelet (Koh 2,21-23) werden Sinnlosigkeit und Vergänglichkeit irdischer Freuden und Verdienste besungen, mithin eine Relativierung des Lebens auf Erden betrieben, die, der Logik der Leseordnung entsprechend, auch im Evangelium (Lk 12,13-21) wiederkehrt. 
Dort rügt Jesus eines Mannes Wunsch nach Schlichtung der Erbstreitigkeiten zu seinen Gunsten und erzählt zur Illustration die Geschichte eines Menschen, der viel Energie daran setzt, seinen Reichtum zu horten und zu sichern. Das aber erweist sich als völlig unnütz, wenn der Tod schneller kommt als erwartet, denn "der Sinn des Lebens besteht nicht darin, dass ein Mensch aufgrund seines großen Vermögens im Überfluss lebt." (v5)
Vielmehr gehe es darum, vor Gott reich zu sein.

Mittwoch, 27. Juli 2016

"Das sind Dinge, die ich rette!" Andere Logiken in "Die Kindheit Jesu" von J.M. Coetzee

Eines der anregendsten und spannendsten Bücher der letzten Jahre ist das!
Dank der Sprachkraft des Nobelpreisträgers J. M. Coetzee wird man bei der Lektüre in eine Geschichte voller Dramatik und existenzieller Fragestellungen gezogen, die das eigene Denken anregt und Erhellendes über Jesus und sein Selbstbewusstsein andeutet.
Zugleich bleibt die Erzählform seltsam nüchtern und gegenüber den eigenen Charakteren ambivalent. Augenscheinlich liegt Coetzee daran, eine gewisse Distanz aufrecht zu erhalten, wodurch das über die konkreten Begebenheiten hinausführende Nachdenken angeregt wird.