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Mittwoch, 9. September 2015

Heim-Suche in "Heimsuchung" von Jenny Erpenbeck

Die Sehnsucht nach Heimat, die Suche nach einer Stelle, an der sich ein Leben bauen lässt, der Wunsch nach dem Ort für ein Heim treibt Menschen seit Jahrtausenden zur Sesshaftigkeit. Oder aber zur Flucht fort von den Orten, wo das nicht möglich ist, dorthin, wo ein solcher Ort ist.

In Jenny Erpenbecks "Heimsuchung" hat sich ein solches Stück Erde gefunden. Allerdings hieße der Roman nicht "Heimsuchung", wenn es nicht im wörtlichsten Sinne gerade um die mehrdimensionale Suche nach Heimat ginge – und natürlich darum, dass die Heimsuchenden dort auch von den peinigenden Ereignissen der jeweiligen Epochen heimgesucht werden.

Freitag, 4. September 2015

Apokalyptische Anwandlungen

Die heutige 20-Uhr-Tagesschau sendete vierzehneinhalb Minuten zum Thema Flüchtlinge aus allen möglichen Perspektiven. Darüber hinaus nennenswert war in diesen Nachrichten eigentlich nur der Festakt zum 100. Geburtstag von Franz Josef Strauß.
Beides zusammen könnte, wenn es nicht so tragisch wäre, Anlass genug für ironische Heiterkeit sein.

Aber ich kann nicht ruhig bleiben, wenn ich dieser Tage die Nachrichten verfolge. Denn die Nachrichten verfolgen mich und ich kann erst recht nicht ruhig bleiben. 

Montag, 31. August 2015

Vertrauen lernen - Innenperspektiven eines Fliehenden bei Hilde Domin


Hilde Domin war Flüchtling, als Flüchtlinge noch Emigranten oder Exilanten hießen. Über Italien und Großbritannien führte der Weg dieser außergewöhnlich sprachbegabten Frau aus jüdischem Hause im Jahr 1940 schließlich nach Santo Domingo, wo sie zu ersten eigenen Texten fand. Aufbruch und Abschied, Unterwegssein und Suche nach Heimat gehören zu ihren Themen, auch in den "Liedern zur Ermutigung". Das zweite Lied1 fängt viele Aspekte aus dem Leben eines Flüchtlings ein:

Montag, 24. August 2015

JosephsReligion 4 – Hiobtrauer und Allmachtsphantasie

Eine großartige Idee Thomas Manns in seiner Josephssaga war es, den um seinen totgeglaubten Sohn Joseph trauernden Jakob (vgl. Gen 37,33-35) als Hiobsgestalt darzustellen (mehr zu Jakob hier).
Bis in einzelne Formulierungen hinein orientert sich der Autor an der mit Gott hadernden biblischen Klagegestalt des Hiob – während der biblische Text über Jakobs Trauer dürre zwei Verse umfasst.
Es zeigen sich da einerseits die biblischen Kenntnisse des Autors als auch seine Lust am Hinüberziehen dessen, was ihm aus der alttestamentlichen Tradition als für seine Dramaturgie verwendbar erscheint. Und Hinüberziehen kann er mit großem Geschick.

Mittwoch, 19. August 2015

Erschrockenes Herz – Herta Müller über Flüchtlinge in „Hunger und Seide“

Herta Müller kam als Deutsche aus dem rumänischen Banat 1987 in die BRD. Ihre Erfahrungen und Reflexionen darüber, wie das Leben in Unterdrückung beengt, wie sich Ausländer in Deutschland fühlen und wie Deutsche sich ihnen gegenüber benehmen, hat sie, teils aus Perspektive der Beteiligten, teils aus der der Beobachterin, Anfang der 1990er in Reden und Essays vorgetragen.

Das in diesem Jahr neu aufgelegte Buch „Hunger und Seide“ (Erstauflage 1995) versammelt diese Texte, in denen sich auch verblüffend aktuelle Beobachtungen zur Flüchtlingsfrage in Deutschland finden lassen. Zu diesem letzten Themenkomplex einige Ausschnitte, die ebenso zu heutigen Flüchtlingen aus Syrien, dem Irak, Zentralafrika oder dem Balkan passen und den Finger in manche Wunde legen.

Freitag, 14. August 2015

Heimflucht - Mariä Himmelfahrt

"Der Höchste ist deine Zuflucht." (Ps 91,9 - Losung vom 14.08.2015)

Heimkehr                                
dorthin                                  
wo ich noch nie war
immer sein wollte
innerlich hingehöre

Mittwoch, 22. Juli 2015

JosephsReligion 3 – Jakob und die fremden Götter

Thomas Manns Josephsroman ist ein religionskundlich-theologischer Leckerbissen. Nach einigen Gedanken zur Darstellung von Abraham und Isaak möchte ich heute auf eine Stelle im ersten Teil hinweisen, in der es um den künftigen Stammvater Jakob geht.
Zusammen mit seinem Schwiegervater Laban, der die Landsgötter verehrt und ihre Kultstätten in der Stadt stolz anpreist, geht Jakob nach Vertragsabschluss durch Charran. Szenen, die um die Ereignisse in Gen 29 kreisen und sie ausformulieren, bebildern Thomas Manns Darstellung der verschiedenartigen Religionen beider. Die Stadt wird als Moloch gezeichnet, die für den Hirten Jakob nichts von Interesse bietet. Stattdessen erinnert er sich (bemerkenswerterweise gemeinsam) an seinen Gott – und an die Augen der geliebten Rahel.

Montag, 20. April 2015

Spiritualität der Nichtgleichgültigkeit – Gegen das Flüchtlingssterben

Wenn ich die Nachrichten höre, wird mir schlecht. Ich kann nur schwer aushalten zu hören, wie viele Menschen wieder und wieder im Wasser vor Europa umkommen und wie abgebrüht und weichgekocht die Reaktionen der zuständigen Politiker sind.
Die todbringende Devise heißt augenscheinlich: Schleuser bekämpfen anstatt Menschen zu retten.

Dienstag, 3. März 2015

"Der Herr zeige es euch" – Über die Gewissensprüfung

Am letzten Sonntag waren die Erstkommunionkinder in Vorbereitung auf ihr großes Fest aufgefordert, sich im Gottesdienst die Dialoge zwischen dem Liturgen und den Gläubigen zu notieren. Manche machten das sehr pflichtbewusst, andere eher lässig. Als ich einen Blick auf einen der Zettel warf, las ich "Der Herr zeige es euch" und musste grinsen. Da war wohl etwas durcheinander geraten, denn das hatte der Priester sicher nicht gesagt.

Samstag, 17. Januar 2015

Zugehörigkeit? - Gedanken über "The Homesman"

Dies ist ein sehr drastischer Film. Nicht in erster Linie wegen der vielen intensiven Szenen voll körperlicher und seelischer Versehrtheit. Sondern mehr noch wegen der moralischen und philosophischen Fragen, die er aufwirft.

Samstag, 20. Dezember 2014

Vierter Advent - Engelskuss statt Pegida

Kurz vor Weihnachten bietet das Evangelium vom heutigen Vierten Advent (Lk 1,26-38) einen Rückblick, wie all das begann, was in den nächsten Tagen gefeiert wird. Der Gruß des Engels an Maria zeigt Gottes Vertrauen in die Aufnahmebereitschaft der Menschen, verkörpert in der jungen Frau aus Nazareth.

Samstag, 22. November 2014

Eine Heimat namens Liebe

Das klingt kitschig.
Möglicherweise aber formuliert es sich so am leichtesten mitten in einem Leben der Heimatlosigkeit, wie es Mascha Kaléko zu führen hatte, auf die diese Wortzusammenstellung zurück geht. Ihr Leben - eine Odyssee: von Galizien über Berlin in die USA und nach Israel, oft getrieben und innerlich verwundet, ausgefüllt mit großem Sehnen und dem Wunsch nach Geborgenheit.

Freitag, 8. August 2014

„ich bin ja hier“ - Ein neuer alter Satz von Saša Stanišić

ich bin ja hier“ – so lautet der letzte Satz in Saša Stanišić' Roman „Wie der Soldat das Grammofon repariert1, der anrührend-komischen Geschichte einer Kindheit im zerfallenden Jugoslawien und damit im beginnenden Krieg. Beim Lesen des Romans war ich zunächst in Sorge, ob der locker-flockige eigenwillige Beginn sich stilistisch so durchziehen würde. Im Verlauf bleibt auch ein starker Stilwille erkennbar, auch die lockere Sprache besteht weiter, aber sie fängt zunehmend sensibler die Kriegserfahrungen aus Kinderaugen ein.

Samstag, 8. Februar 2014

„La voie de l'ennemi“ – Die Berlinale zeigt Heimatlosigkeit.

Die Story des Films von Rachid Bouchareb ist leicht erzählt. Der Polizistenmörder William Garnett (Forest Whitaker) wird nach 18 Jahren Haft auf Bewährung aus dem Gefängnis entlassen. Er hat sein Leben geändert, ist Muslim geworden und möchte nun ein friedliches und normales Leben führen. Und genau so wirkt er auch – ein ruhiger, nachdenklicher und frommer Mann. So wird er zurück in die kleine Stadt geschickt, aus der er kam, erhält ein schäbiges Zimmer und eine Menge Auflagen von seiner Bewährungshelferin. Er findet einen Job, bald auch eine Freundin und tut überhaupt sein Bestes, um sich tatsächlich zu bewähren. Aber es soll nicht sein.

Samstag, 19. Oktober 2013

Lange bitten. Oder: Gesprächsbereitschaft bei Flüchtlingsprotesten

Das Sonntagsevangelium (Lk 18,1-8) ermuntert zum Bitten. Doch nicht der bittenden Witwe gilt das Hauptaugenmerk des Evangelisten, sondern dem ungebeten Gebetenen.
Ohne dass der Mann, der sich verschließt, endlich beginnt zuzuhören, kommt keine der beiden Personen weiter: Nicht die an ihrem ungeklärten Schicksal leidende Bittstellerin vor dem Hause des faulen Richters und nicht dieser pflichtvergessene bedrängte Mann selbst.

Samstag, 5. Oktober 2013

Nutzlos und verschuldet – welch Glück!

Der Kernsatz im Evangelium des heutigen Sonntags (Lk 17,5-10) stellt Gott in das Bild der antiken Sklavenhaltergesellschaft, wobei die Haltung, die aufgrund dessen von uns Christen erwartet wird, von Jesus mit der Haltung von Sklaven gegenüber ihrem Herrn verglichen wird:

Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen wurde, sollt ihr sagen: Wir sind unnütze Sklaven; wir haben nur unsere Schuldigkeit getan.“ (v10)

Donnerstag, 29. August 2013

Scham und Ehre

Was an diesem Sonntag im Evangelium (Lk 14,7-14) von den Tischsitten des Orients zu hören sein wird, bewegt sich innerhalb einer Kultur, die uns Europäern weitgehend nur durch Einwanderer aus dem Nahen Osten bekannt sein dürfte. Es geht um Vorstellungen von Scham und Ehre, die immer dann unrühmlich in unserer Lebens- und Medienwelt auftauchen, wenn es um so genannte Ehrenmorde und um emotional entgleiste Reaktionen auf Verletzungen des Stolzes geht, mit denen wir wenig anfangen können. Es sind Bestandteile einer Schamkultur, in der das öffentliche Ansehen handfest verteidigt werden muss und in der eine Menge Tabus walten, die mit traditionellen Vorstellungen von Hierarchien und Grenzsetzungen zu tun haben.