Posts mit dem Label Gesellschaft werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Gesellschaft werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Freitag, 19. Mai 2017

Sehnsucht und Individualität – Thomas Frings' Gedanken zu Entscheidungsgemeinden

Seinen Krisendiagosen schickt der ehemalige Münsteraner Pfarrer einige Ideen hinterher, die ich einigermaßen einleuchtend finde. 
Darum seien sie hier präsentiert, wenngleich die Phänomene einer kirchlichen Krise in der Diaspora Ostdeutschlands ein ganz anderes Gesicht haben als in der (noch) volkskirchlichen Situation des Rhein- und Münsterlandes. Undifferenzierte Forderungen an die Kirche, Familienfeste mit religiösem Unterfutter zu versorgen und die zugleich eingegangenen Verpflichtungen zu ignorieren, stellen m.E. nicht den Regelfall dar.
Doch die abnehmende Zahl der aktiven Christen und der Mitglieder einer Kirche lassen natürlich auch in unserem Umfeld die Frage aufkommen, was religiös Suchenden denn seitens der Kirche anzubieten wäre.

Samstag, 6. Mai 2017

Auszug der Schafe – Oder: Was für ein Hirte ist Thomas Frings?

Im Evangelium von Hirt und Herde, vom Schafstall und der Tür hinein (Joh 10,1-10) zeichnet das Johannesevangelium ein Bild des Vertrauens zwischen den Schafen und ihrem Hüter. Die Schafe folgen dem vertrauten Hirten und ihr Ein- und Ausgang ist so sicher, dass sie später das "Leben in Fülle" (v10) haben.
Wer aber auf die heutige Situation der Kirche in unseren Breiten und auf die bestellten Hirten schaut, der kann sehr rasch ernüchtert werden. Wenig Kontakt der Christen in ihre Gemeinden und zu den hauptamtlich Leitenden, wenig Zutrauen in die Leitung vor Ort, wenig Hoffnung für die Zukunft – und auch beim inneren Kontakt zum eigentlichen Hirten Christus scheint nicht Freundschaft im Gebet, sondern Sprachlosigkeit vorzuherrschen.
Was ist das für eine Herde, der die Schafe fortlaufen?

Samstag, 22. April 2017

Thomas will noch was – Überlegungen zu religiöser Erziehung und Erfahrung

Irgendwann blieb seine religiöse Erziehung stecken – als Kind und etwas darüber hinaus war Thomas zwar begeistert mit dabei, aber dann fehlte ihm eine entscheidende Erfahrung, die einige andere gemacht hatten.
Er wusste selber nicht, was das sein könnte. Er spürte eben keine besondere Nähe mehr zu Gott oder zu Jesus.
Verabschiedete sich innerlich. Und war draußen.
Das war plötzlich alles nichts mehr für ihn, er glaubte nicht, dass es noch irgendetwas bringen würde, mit den Anderen rumzuhängen, wenn sie jetzt vielleicht noch in irgendeine blöde Schwärmerei fielen.

Samstag, 8. April 2017

Palmsonntag im Radio – Auf- und Abstieg des Königs

In diesem Jahr komme ich aus verschiedenen Gründen nicht so viel zum Füttern des Blogs.
Dafür habe ich vor ein paar Tagen an einem Radiobeitrag meiner geschätzten Kollegin Hildegard Stumm mitgewirkt, der am Morgen des Palmsonntags um 7:05 Uhr auf Deutschlandradio Kultur zu hören ist.
Der Link zur Sendung findet sich hier.
Im Folgenden einige Ausschnitte mit (leicht um mündliche Unschärfen bereinigten) Zitaten von mir in der Sendung:

Samstag, 1. April 2017

"Soviel Licht gibt es nicht auf der Welt" – Peter Høeg und Lazarus

In seinem Roman "Der Plan von der Abschaffung des Dunkels" erkundet Peter Høeg die Auswirkungen der brutalen Erziehungswelt in einer dänischen Internatsschule auf das Leben der Heranwachsenden.
Das gesellschaftlich-pädagogische Ideal der Integration von leistungsschwachen, sozial auffälligen und straffällig gewordenen Schülern in eine Schule "für alle" wird konterkariert von der abgrundtiefen Isolation, in die die auf Angst gegründete übergriffige Pädagogik diese Kinder treibt. Das Buch bedient sich dabei regelmäßig der Bilder von Licht und Dunkel, Innen und Außen – und der Grenze, auf der sich der Ich-Erzähler Peter dabei sieht.

Montag, 27. Februar 2017

Karneval, der – sorgenfreie Zeit vor Aschermittwoch


Weihnachten ist vorbei!
Richardplatz, Neukölln, Berlin 2017.
Karneval ist für mich im Wesentlichen nur „die Zeit davor“. Also die Zeit vor der Fastenzeit.

Nicht dass ich kein fröhlicher Mensch wäre, aber die Ausgelassenheit der Faschingsumzüge und Karnevalssitzungen geht mir einfach ab. Ich muss nicht bemützt oder maskiert endlich jemand anders sein, nicht knallhart die Sau rauslassen und auch kein Gegenfundament zu den folgenden 40 Tagen der Ostervorbereitung legen.

Andere dürfen das selbstverständlich gern machen. Mir selber fällt dafür im Nachklang zum Evangelium des gestrigen Sonntags auf, dass die angestrebte Sorgenfreiheit der Faschingspartys auch (wen wundert‘s) dem Gebot Jesu entspricht: „Macht euch keine Sorgen!“ (Mt 6,31)

Dienstag, 31. Januar 2017

Nicht mehr die Herrschaft des Rechts – mein demokratischer und religiöser Ekel

Die Geschehnisse, die in den letzten Tagen aus dem Weißen Haus berichtet werden, widern mich aus verschiedenen, jedoch ineinander übergehenden Gründen an.

1
Natürlich geht es mir in erster Linie um das schlecht bis gar nicht kaschierte Einreiseverbot für Muslime (de facto, nicht de jure), das von seinem Inhalt über die Art seiner Anordnung bis hin zur Veröffentlichung ein Desaster ist.

Freitag, 27. Januar 2017

Identität und Scham – Gedanken zum Holocaust-Gedenktag

Ich liebe dieses Land.
Mit dem 27. Januar als Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. Mit dem 08. Mai als Gedenktag des Kriegsendes.
Ich liebe, was dieses Land ausmacht, aber nicht alles, was in seiner Geschichte geschah.
Es gibt Verabscheuungswürdiges und Bewundernswertes, Ekelhaftes und Schönes. 
Wie überall.

Und es gibt eine Kultur, die über beides, die eigenen Licht- und Schattenseiten, nicht schweigt. (Jedenfalls nicht immer.)
Es gibt Selbstkritik als Grundlage einer reflektierten Identität, was manchmal zu moralischer Besserwisserei führt. Aber in diesem Land lebt eine Bereitschaft, sich mit sich selbst und der eigenen Geschichte kritisch auseinanderzusetzen.
Diese Haltung mag individuell sehr verschieden verwirklicht werden. Sie schuf jedoch einen weitreichenden Konsens über gewisse grundlegende Tatsachen in der Geschichte dieses Landes.

Samstag, 21. Januar 2017

First things first! – Die zwei unterschiedlichen Visionen von Trump und Jesus

Kopf an! Museumsinsel Berlin, 2016.
"Von da an begann Jesus zu verkünden: Kehrt um. Denn das Himmelreich ist nahe." (Mt 4,17)

Und Präsident Trump sprach zu der versammelten Menschenmenge: "Vom heutigen Tag an wird eine neue Vision unser Land regieren. Vom heutigen Tag an wird es nur noch Amerika zuerst heißen, Amerika zuerst." (Antrittsrede, 20.01.2017)

Als er Simon und Andreas sah, "sagte er zu ihnen: Kommt her, folgt mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen." (Mt 4,19)

Und im Angesicht der Menschen sprach er: "Ich werde mit jedem Atemzug meines Körpers für euch kämpfen, und ich werde euch nie hängenlassen. ... Alle Amerikaner in jeder Stadt, nah und fern, groß und klein, von Berg zu Berg, von Ozean zu Ozean, hört diese Worte. Ihr werdet niemals mehr ignoriert werden. Eure Stimme, eure Hoffnungen und eure Träume werden unser amerikanisches Schicksal bestimmen. Und euer Mut und eure Tugend und Liebe wird uns für immer auf diesem Weg leiten."

Dienstag, 17. Januar 2017

Absage an den Nationalismus und Lob der Vielfalt (mit Jan Twardowski)

Ich gebe gleich zu Beginn zu, dass es sich hier um eine unausgewogene Mischung aus lyrisch-exegetischer Quacksalberei und politisch-zeitgeschichtlichem Kommentar handelt und dass diese Unentschiedenheit ganz eindeutig eine Schwäche der folgenden Zeilen sein wird.

Dennoch!


Es gehörte in den letzten Monaten zum guten liberalen Ton und ist sicher auch in Maßen sinnvoll, sich über den Aufstieg der AfD aufzuregen. Wenn es aber in Deutschland eine Partei gibt, die sich eindeutig und ausschließlich rechtsradikalem Gedankengut verschrieben hat, dann ist es die heute vom Bundesverfassungsgericht offiziell als eindeutig nicht verfassungskonform deklarierte NPD, der organisatorisch gleichwohl abgesprochen wird, dass ihr Handeln derzeit zum Erfolg führen könne.

Montag, 19. Dezember 2016

Nicht ein Schimmer – Fassungslos in Berlin

Als hätte jemand dem furchtbaren Jahr 2016 noch einen schwarzen Hut aufsetzen wollen!
Tote und viele Verletzte bei einem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin. Ein Laster fährt in die Menschenmenge.

Ich weiß nicht, was dazu zu sagen wäre. Sicher nicht mehr nichts anderes als bei anderen Anschlägen. Doch es macht wieder und wieder fassungslos. Traurig.

Freitag, 25. November 2016

Schluss mit der Trickserei! – Advent ist nahe

Es geht auf den Advent zu und die Welt scheint schon in den Startlöchern zu sitzen. Allerorten (auch im Gefängnis!) wird Schmuck angebracht und erwartet, dass es endlich gemütlich wird.

Beim Blick in die biblischen Texte, die die Ankunft (denn nichts anderes bedeutet adventus ja) thematisieren, zeigt sich allerdings, dass es dabei oft um das unerwartete Kommen eines Rechenschaft einfordernden Herren geht.
Dementsprechend wird alles geordnet, die Bücher müssen stimmen, Zahlen werden schnell geprüft, Löhne ausgezahlt, denn wenn etwas nicht stimmt, wird es ungemütlich.

Freitag, 18. November 2016

Donald Trump und Kaiser Augustus – Literarische Parallelen

Die Unterschiede liegen natürlich klar auf der Hand: es herrschen völlig andere politische Verhältnisse, die Stellung der beteiligten Personen und auch die konkrete Vorgeschichte unterscheiden sich deutlich. Doch die Art und Weise, wie einige Personen im Roman „Augustus“ von John Williams handeln, und wie heute Donald Trump vor und nach der Wahl auftritt, weisen starke Parallelen auf.

Samstag, 12. November 2016

Keine Weltuntergangsstimmung, bitte! - Eine Predigt im Gefängnis

 Es ist so viel passiert, worüber man schreiben könnte... Stattdessen sei hier nur auf zwei Fundstücke im Netz hingewiesen.
Angesichts des Todes von Leonard Cohen ist hier einer seiner schönsten Songs, ein imaginärer (Liebes)Brief an einen ehemaligen Nebenbuhler: "Famous blue raincoat". 
Angesichts der Wahlen in den USA fand ich einen Text, der nicht Umfrageinstitute zerreißt, über Wählerverhalten aufklären will oder den Untergang der freien Welt wegen der Wahl eines solchen Egomanen an die Wand malt, sondern der kritisch-konstruktiv nach vorn schaut: "What do we tell the children?"

Und damit zu dem, was ich morgen so oder ähnlich im Gefängnis predigen werde:

Montag, 31. Oktober 2016

Reformationstag – Füreinander danken können

Zum Auftakt des Gedenkens an 500 Jahre Reformation habe ich mir den Liturgieentwurf für den zentralen ökumenischen Gottesdienst, der am 11. März 2017 in Hildesheim stattfinden soll, etwas näher angeschaut.
Das gemeinsame Wort, in dem der Liturgieentwurf enthalten ist, trägt den Namen "Erinnerung heilen – Jesus Christus bezeugen".1 Das Thema des Gottesdienstes ist dementsprechend Buße, Versöhnung und gemeinsames Zeugnis.

Samstag, 29. Oktober 2016

Heil heißt, sich lieben zu lassen - Die Verwandlung des Zachäus

...denn die Liebe verwandelt das Leben und heilt es.

So einfach ließe sich der Grundgedanke des Evangeliums von Zachäus (Lk 19,1-10) zusammenfassen, das an diesem Sonntag im Gottesdienst gelesen wird. Jesus sagt darin: "Heute ist diesem Haus das Heil geschenkt worden", (v9) nachdem er sich selbst zu dem beobachtenden Zöllner einlud und dieser daraufhin sein ganzes bisheriges Leben ändert.
Denn Zachäus erfährt sich trotz seiner Ferne zu den anderen Menschen als von Jesus angenommen, als dieser sich ihm zuwendet. In diesem grundlegenden Angenommensein zeigt sich Gottes Liebe zu jedem Menschen.

Sonntag, 9. Oktober 2016

"Liturgie und Ritual im Wandel" – Drei Tagungseindrücke

In dieser Woche fand in Berlin eine Tagung statt, die eine "zeitgemäße Feier unseres Glaubens" in den Blick nehmen wollte. Dafür waren zwei wissenschaftliche Referenten und eine Reihe ExpertInnen aus der Praxis geladen, die einen Aufriss dessen gaben, was es an liturgischen Möglichkeiten und Wägbarkeiten gibt, wenn wir unseren Glauben feiern.
Drei Gedankengänge sind mir besonders hängen geblieben.

Dienstag, 20. September 2016

Unentschieden – Von den Gefahren der Sehnsucht zu Jan Twardowski

Natürlich hat irgendjemand gewonnen. Irgendwie.

Und doch liegen die Ergebnisse von SPD, CDU, Grünen, Linken und AfD nach der Berliner Wahl am Wochenende so nah beisammen, dass ich den Eindruck bekomme, es sei eine Art Unentschieden.

Sonntag, 11. September 2016

Schwarze Schafe sind keine Feinde!

Die Beispiele Jesu im heutigen Evangelium (Lk 15,1-10) drehen sich um unterschiedliche Wertigkeiten – die Verlorenen werden von ihm so hoch geschätzt, dass daneben sogar das sicher Besessene verblasst.
Der Kontext dieser Aussagen ist ein Streitgespräch mit Schriftgelehrten, die sich darüber aufregen, dass Jesus mit Zöllnern und sonstigen Sündern abgibt. Der Prediger verglich dieses Vorgehen Jesu im heutigen Gottesdienst am Rande damit, dass es so wäre, wenn wir uns mit AfD-Leuten zusammen an den Tisch setzen würden.

Donnerstag, 25. August 2016

Islam ist Sex?!?! – Über "Unterwerfung" von Michel Houellebecq

"Wie die meisten anderen Menschen wahrscheinlich auch übersprang ich die Kapitel, in denen es um die religiösen Pflichten, die Säulen des Islam und das Fasten ging, um direkt zu Kapitel VII zu springen: 'Warum Polygamie?'"1

Eigentlich sagt dieser Satz alles, was die Blickrichtung und den Stil des vieldiskutierten letzten Romans von Michel Houellebecq angeht. Neben der (mehr oder weniger) subtil ironischen Haltung zu inhaltlichen religiösen Fragen geht es vorrangig um Sex. Dem französischen Klischee entsprechend kommt natürlich auch die Darstellung der Vorzüge alkoholischer Getränke und der französischen und arabischen Küche nicht zu kurz, aber was den Ich-Erzähler eigentlich bewegt, sind nicht metaphysische Fragen, sondern das Herausgelangen aus der Sinnlosigkeit seines einsamen Akademikerlebens in einer liberalen Mehrheitsgesellschaft unserer Tage hinein in die im Roman neu sich eröffnenden sexuellen Möglichkeiten des politisch dominierenden Islam.