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Dienstag, 19. Januar 2016

JosephsReligion 6 – Alttestamentliche Trinitätstheologie und Theologie der Religionen

Es ist nun einmal so: Das Weihnachtsfest ist lange her und auch für Christen schon fast vergessen. Dabei wäre jetzt Zeit, die Konsequenz der Menschwerdung Gottes zu bedenken und deshalb die Entwicklung des göttlichen Wortes im jahrelangen Lebensweg Jesu vom krabbelnden Kind bis zur Mannesreife zu verfolgen.
Doch alles eilt schon weiter – während Er weiter unter uns gegenwärtig ist.
Als gegendrehende Bewegung zum Weitereilen hier ein paar Gedanken zum breiteren Kontext des Themas, wie das göttliche Wort in der Welt anwesend ist – je nach Wahl eher theologisch oder literarisch aufgetischt.

Mittwoch, 30. Dezember 2015

Zum Jahresschluss: Religiöse und geschlechtliche Liebe

Wie Gottes- und Nächstenliebe zusammenhängen können, mag nicht für viele Menschen eine ernsthafte Fragestellung sein. In einer besonderen Weise ist mir die Beziehung von Gottes- und Nächstenliebe jetzt am Jahresende im Buch "Große Liebe" von Navid Kermani begegnet. Er beschreibt mit dem religiösen Vokabular der islamischen Mystik die Geschichte einer einwöchigen Liebesbeziehung, in der er sich selbst als Pubertierenden beschreibt.

Mittwoch, 16. Dezember 2015

"Das hier ist Wasser". Gedanken von David Foster Wallace

Was trägt mein Leben und was kann ich über äußere Erfolgsmerkmale hinaus tun, damit es auch im wirklichen, inneren Sinne gelingt?

Das ist die Frage, um der es David Foster Wallace vor nunmehr zehn Jahren bei seiner Abschlussrede vor Absolventen des Kenyon College ging. Seine Ausführungen wurden unter dem Titel "This is water" bzw. "Das hier ist Wasser"1 veröffentlicht und verdienen es, auch als Adventsgedanken aufgegriffen zu werden.

Montag, 16. November 2015

Wie belanglos kann man sein? Über das Schließen der Augen.

Nach Terroranschlägen, wie sie in Paris verübt wurden, kann man als sich in dieser Web-Öffentlichkeit äußernder Mensch nicht kommentarlos übergehen zum weiteren Geschehen, wenn man sich zu allgemeinen Themen äußert.
Oder doch?
Natürlich kann man. Die großen Aufreger sind durch, Betroffenheit wurde allerorten spürbar geäußert, Trauerbekundung scheint heute schon kein Gebot der Stunde mehr zu sein und pietätlos wäre es auch nicht.

Mittwoch, 21. Oktober 2015

Alle Macht der Welt - Ein Gedanke aus "Judas" von Amos Oz

Im Roman "Judas" von Amos Oz steht ein bemerkenswerter Gedanke, der in unterschiedlichen Fassungen an diversen Orten in der Literatur, der Philosophie oder in religiösen Werken auftaucht - die Frage nach der Macht und ihren Grenzen. Im vorliegenden Roman taucht sie auf im Kontext der politischen Probleme des Nahen Ostens, die immer noch höchste Relevanz besitzen, wie nämlich der Staat Israel und seine Nachbarn koexistieren könnten.

Montag, 19. Oktober 2015

JosephsReligion 5 - Sandmenschen vor den Toren

An der Grenze angekommen muss die Gruppe halten. Am Übergang der Wüste zur Zivilisation ist kein Durchlass. Was sie hören, ist dies:
"Umkehr! ... Zurück, ihr Sandhasen, ins Elend! Hier ist kein Durchlass! ... Immer zurück und nichts als zurück mit euch in die Wüste, das ist das Wort! Es wird kein Gesindel ins Land gelassen!"1

Mittwoch, 9. September 2015

Heim-Suche in "Heimsuchung" von Jenny Erpenbeck

Die Sehnsucht nach Heimat, die Suche nach einer Stelle, an der sich ein Leben bauen lässt, der Wunsch nach dem Ort für ein Heim treibt Menschen seit Jahrtausenden zur Sesshaftigkeit. Oder aber zur Flucht fort von den Orten, wo das nicht möglich ist, dorthin, wo ein solcher Ort ist.

In Jenny Erpenbecks "Heimsuchung" hat sich ein solches Stück Erde gefunden. Allerdings hieße der Roman nicht "Heimsuchung", wenn es nicht im wörtlichsten Sinne gerade um die mehrdimensionale Suche nach Heimat ginge – und natürlich darum, dass die Heimsuchenden dort auch von den peinigenden Ereignissen der jeweiligen Epochen heimgesucht werden.

Montag, 24. August 2015

JosephsReligion 4 – Hiobtrauer und Allmachtsphantasie

Eine großartige Idee Thomas Manns in seiner Josephssaga war es, den um seinen totgeglaubten Sohn Joseph trauernden Jakob (vgl. Gen 37,33-35) als Hiobsgestalt darzustellen (mehr zu Jakob hier).
Bis in einzelne Formulierungen hinein orientert sich der Autor an der mit Gott hadernden biblischen Klagegestalt des Hiob – während der biblische Text über Jakobs Trauer dürre zwei Verse umfasst.
Es zeigen sich da einerseits die biblischen Kenntnisse des Autors als auch seine Lust am Hinüberziehen dessen, was ihm aus der alttestamentlichen Tradition als für seine Dramaturgie verwendbar erscheint. Und Hinüberziehen kann er mit großem Geschick.

Mittwoch, 19. August 2015

Erschrockenes Herz – Herta Müller über Flüchtlinge in „Hunger und Seide“

Herta Müller kam als Deutsche aus dem rumänischen Banat 1987 in die BRD. Ihre Erfahrungen und Reflexionen darüber, wie das Leben in Unterdrückung beengt, wie sich Ausländer in Deutschland fühlen und wie Deutsche sich ihnen gegenüber benehmen, hat sie, teils aus Perspektive der Beteiligten, teils aus der der Beobachterin, Anfang der 1990er in Reden und Essays vorgetragen.

Das in diesem Jahr neu aufgelegte Buch „Hunger und Seide“ (Erstauflage 1995) versammelt diese Texte, in denen sich auch verblüffend aktuelle Beobachtungen zur Flüchtlingsfrage in Deutschland finden lassen. Zu diesem letzten Themenkomplex einige Ausschnitte, die ebenso zu heutigen Flüchtlingen aus Syrien, dem Irak, Zentralafrika oder dem Balkan passen und den Finger in manche Wunde legen.

Mittwoch, 22. Juli 2015

JosephsReligion 3 – Jakob und die fremden Götter

Thomas Manns Josephsroman ist ein religionskundlich-theologischer Leckerbissen. Nach einigen Gedanken zur Darstellung von Abraham und Isaak möchte ich heute auf eine Stelle im ersten Teil hinweisen, in der es um den künftigen Stammvater Jakob geht.
Zusammen mit seinem Schwiegervater Laban, der die Landsgötter verehrt und ihre Kultstätten in der Stadt stolz anpreist, geht Jakob nach Vertragsabschluss durch Charran. Szenen, die um die Ereignisse in Gen 29 kreisen und sie ausformulieren, bebildern Thomas Manns Darstellung der verschiedenartigen Religionen beider. Die Stadt wird als Moloch gezeichnet, die für den Hirten Jakob nichts von Interesse bietet. Stattdessen erinnert er sich (bemerkenswerterweise gemeinsam) an seinen Gott – und an die Augen der geliebten Rahel.

Montag, 15. Juni 2015

Alles Umrechnen in Sinn – Über Katja Petrowskajas "Vielleicht Esther"

Die Frage, ob Raum und Zeit in Sinn umzurechnen seien, schien mir zuerst ein wenig spekulativ. Aber dann habe ich das unglaubliche Buch "Vielleicht Esther" von Katja Petrowskaja gelesen. In dieser autobiographischen Spurensuche feiert das eigentlich vormoderne Denken, nach dem sich im Namen Sinn verbirgt, seine sprachlich-sinngefüllte Auferstehung.

Samstag, 30. Mai 2015

Nachkriegswehen – Literarische Zeugnisse vom Weiterleben

Vor 70 Jahren endete der Zweite Weltkrieg. Doch den jetzt nach und nach sterbenden Generationen der Menschen, die ihn unmittelbar erlebten, steckt er noch in den Knochen. Welche Veränderungen der Krieg in einem Leben bewirkt hat, hängt wohl weitgehend vom psychischen Grundgerüst ab, mit dem die verschiedenen Widerfahrnisse verarbeitet werden müssen.

Ich habe in den letzten Monaten mehr oder weniger zufällig literarische Zeugnisse aus mehreren unterschiedlich in den Krieg verstrickten Nationen gelesen, die das nachträgliche Spuken in verschiedener Weise thematisieren. Einige (nicht exemplarische!) möchte ich kurz vorstellen:

Montag, 11. Mai 2015

JosephsReligion 2 – Isaaks Tod und Jesu Tod

Wie vor ein paar Wochen schon angekündigt, folgt hier nun ein weiteres literarisch-theologisches Gedankenstück zu Thomas Manns Josephs-Roman. Abrahams Monotheismus aus der Sicht des Autors hatte ich damals in den Blick genommen – darum wird es hier folgerichtig um Isaak gehen.

Montag, 4. Mai 2015

Dem Grenzenlosen preisgegeben - Glaube, Wissenschaft und Wahnsinn in Remarques "Der schwarze Obelisk"

Es gibt Momente, in denen Menschen eine Art neuer Offenbarung der Realität haben. Die Dinge und Menschen um sie herum bekommen eine neue Qualität und erscheinen in anderem Licht. Das Vorzeichen der Welterfahrung ändert sich, vielleicht nur für Augenblicke, vielleicht so lebensprägend, dass einer für sein Leben gezeichnet ist.

Ich habe solche Momente in den letzten Wochen hier in meinen Gedanken zum Film "Superwelt" und zum Roman "Stoner" beschrieben. Möglicherweise liegen solche Momente auch den biblischen Erzählungen der Begegnungen mit dem Auferstandenen bei den Emmausjüngern oder beim skeptischen Thomas zugrunde. Ich persönlich erlebe das manchmal in den atemberaubenden Augenblicken, wenn mir klar wird, was für ein Wunder dieses Kind ist, dessen Vater ich jetzt seit einem halben Jahr bin.

Freitag, 24. April 2015

Erde und Dichte - Tod und Auferstehung in John Williams' "Stoner"

William Stoner stirbt in diesem Roman viele Tode. Mobbing, Ehekrach, Entfremdung vom Kind, eine zerstörte Romanze und vieles mehr. Außerdem beginnt und endet alles mit dem Tod des Protagonisten. Vom Tod her und auf ihn hin wird der ganze Roman entwickelt. Aber dazwischen erscheinen auch einige (wenige) Auferstehungserfahrungen.

Dienstag, 14. April 2015

JosephsReligion – Der Monotheismus Abrahams bei Thomas Mann

Das Romanepos "Joseph und seine Brüder" von Thomas Mann sei hier unbedingt empfohlen. Neben der titelgebenden Konstellation geht es darin unter anderem auch um die Vorfahren Josephs und um die Entwicklung des Ein-Gott-Glaubens dieser frühen Gläubigen und Vorfahren der Juden und Christen.

Thomas Mann theologisiert bekanntermaßen auf hohem literarischen Niveau, das er sich durch jahrelange Beschäftigung mit den altorientalischen und ägyptischen Religionszeugnissen und Gedankengängen erarbeitet hatte. Die Konflikte Jakobs mit seinem polytheistisch praktizierenden Schwiegervater Laban stellt er dabei ebenso heraus wie Fragen nach Orakeln und Opfern, Gründe für Eingottverehrung und Eingottglaube und Bezüge zu christlichen Deutungsmustern.

Sonntag, 5. April 2015

Ostersonntag: Erhebet die Herzen - Der Herr ist auferstanden!

Halleluja!
Der Herr ist mit uns, er ist lebendig und erhebt unsere Herzen zu ihm.
Bei ihm sind unsere Herzen und so singen wir voller Dank und freuen uns in ihm, wie es der Gegenwart des lebendigen Gottes unter uns würdig und angemessen ist.
Was in der Eucharistiefeier als liturgischer Dialog das Hochgebet einleitet, verbirgt manchmal etwas die jubelnde Fülle der christlichen Freude angesichts der Auferstehung, die da gefeiert wird. Das neue Leben wirkt ja schon in uns, es gestaltet uns um, wir feiern es und bekommen immer wieder Anteil an diesem Leben Christi in der Teilnahme am eucharistischen Mahl.

Freitag, 3. April 2015

Kafreitag: Nacht auf Erden - Charles Péguy zum Tod Jesu

In seinem großen Hymnus "Das Tor zum Geheimnis der Hoffnung" schließt Charles Péguy mit einem Lied Gottes an die Nacht. In der biblischen Tradition hat die Nacht vielfältige Bedeutungen: die Nacht des Auszugs aus Ägypten, die Nacht der Geburt Jesu, die Nacht des Verrats, die Nacht der Auferstehung. In Péguys kraftvoller Sprache und in der Frömmigkeit des beginnenden 20. Jahrhunderts lässt Gott sich von der Nacht erinnern an seine Schöpfung und an seinen Sohn:

Dienstag, 17. März 2015

"Ich bin nichts" – Über "Die Gasse der dunklen Läden" von Patrick Modiano

"Ich bin nichts. Nichts als eine blasse Silhouette, an diesem Abend, auf der Terasse eines Cafés. Ich wartete darauf, daß der Regen aufhörte, ein Schauer, der in dem Moment eingesetzt hatte, als Hutte sich von mir verabschiedete."1
So beginnt "Die Gasse der dunklen Läden" von Patrick Modiano. Zugegeben, ich hatte vor der Verleihung des Literatur-Nobelpreises noch nie etwas von ihm gehört oder gelesen. Aber nun habe ich probiert – und wurde nicht enttäuscht. So greife ich ein paar Gedanken heraus, die ich bei der Lektüre interessant fand.

Donnerstag, 26. Februar 2015

Was ist normal? - Kulturkritik im Roman "Herr Jensen steigt aus" von Jakob Hein

Der alleinstehende Herr Jensen steckt nach seiner Entlassung in einer Lebenskrise. Zum einen hat er sein Studium nicht abgeschlossen, da er sich nach und nach immer mehr auf seinen ursprünglich zur Finanzierung des Studiums begonnenen Job als Postbote konzentrierte und nun ohne Ausbildung oder Beruf da steht, zum anderen, weil ihm nur wegen seiner langanhaltenden Tätigkeit gekündigt wird, und er fest übernommen werden müsste, was sich die Firma nicht leisten kann. Dergestalt vom Arbeitsmarkt ausgespuckt beginnt er, wie viele Menschen mit seinem Schicksal, exzessiv fernzusehen. Nach und nach durchsucht der pedantische und ordnungsliebende Einzelgänger das Fernsehprogramm nach einem versteckten Sinn, zeichnet auf, vergleicht, notiert, führt Listen. Plötzlich kommt ihm die Erkenntnis: