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Freitag, 12. August 2016

JosephsReligion 8 - Rasse oder Geist

Am 12. August 1955, also heute vor 61 Jahren, starb Thomas Mann in Zürich. Gegen den Ungeist des Nationalsozialismus hat er sich nicht nur in vielen privaten Briefen und öffentlichen Radioansprachen gewandt - sondern auch in seinem großen Josephsroman, der seit 1933 in vier Teilen erschien. 
Mann wollte darin einen biblisch inspirierten Gegenentwurf zum geistlosen Rassismus, der in jener Zeit in Deutschland wütete, bieten.
Selten genug wird der Roman diesbezüglich eindeutig - aber vor einer der heikelsten Szenen, nämlich der versuchten Verführung Josephs durch die Frau des Potiphar, geschildert im dritten Band "Joseph in Ägypten", der 1936 erschien, geschieht es.
Diese Stelle möchte ich an seinem Todestag kurz anführen. 

Mittwoch, 20. Juli 2016

Planungen für ein neues Deutschland. Christliche Widerstandsmotivation im Kreisauer Kreis

Der 20. Juli 1944 hat sich im öffentlichen Gedächtnis nicht nur mit Stauffenbergs Attentat auf Hitler, sondern auch ganz allgemein mit dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus verbunden. Dabei gab es neben dem eher aristokratisch-konservativen Widerstand um Stauffenberg auch andere Gruppen, die eher kommunistische, christliche oder sozialdemokratische Motive hatten. Der gemeinsame Nenner, auf den diese Widerstandsgruppen zu bringen sind, wären damit weder ihre Methoden, noch ihre kurz- oder langfristigen Ziele, sondern nur der Gegner.

Ein herausragendes Beispiel der Zusammenarbeit von Widerständlern ganz unterschiedlicher Herkunft und Stellung war der Kreisauer Kreis, der sich seit 1940 um den Völkerrechtler Helmuth James von Moltke sammelte. Neben Sozialdemokraten wie Julius Leber und Adolf Reichwein fanden sich dort evangelische und katholische Theologen wie Eugen Gerstenmaier, Harald Poelchau und Alfred Delp, aber auch adlige Militärs wie Peter Yorck von Wartenburg oder eben der Jurist Moltke selbst. Abwägend-zurückhaltende Kontakte zum konservativen Goerdeler-Kreis bestanden ebenso wie zur Stauffenberg-Gruppe.

Freitag, 17. Juni 2016

Selbstkritik als politische Tugend – Über Polen und Deutsche

Zurückblicken heißt immer auch, Geschichte zu deuten – gerade in Polen und Deutschland jedoch kommt es durch die verschiedenen Perspektiven auf die Geschichte regelmäßig zu Konflikten. In diesem Jahr allerdings wird am 17. Juni besonders an 25 Jahre freiwillige gute Nachbarschaft mit den Polen erinnert.

Was Deutsche, jedenfalls zu Teilen, in ihr kollektives Gedächtnis aufgenommen haben, ist eine (auf anderen Feldern bisweilen arg vernachlässigte) politische Tugend: die der Selbstkritik.
Als historisch angewandter Perspektivwechsel bezeichnet sie die Fähigkeit, sich auch mit den Schattenseiten der eigenen Kultur auseinander zu setzen. So kann sie bestenfalls Gewissen schärfen und Verantwortungsbereitschaft nähren.

Samstag, 11. Juni 2016

"Geliebt sein und noch nichts davon wissen" - Oder: Wo findet ein Mensch heute Vergebung?

Das Evangelium des Sonntags (Lk 7,26-8,3) handelt vom Besuch Jesu bei einem Pharisäer und der Begegnung mit einer "Sünderin", die Jesu Füße salbt und ein Gespräch über Vergebung in Gang bringt. Damit berührt diese Geschichte Fragen, die mich immer wieder beschäftigen: die Problematik von Vergebungsbereitschaft und Vergebungsmöglichkeit, die ich, unter anderen Vorzeichen als zur Zeit Jesu, gerade in unserer heutigen säkularen Gesellschaft für äußerst gewichtig halte.

Donnerstag, 9. Juni 2016

Freier glauben! Von den theologischen Vorzügen der Säkularisierung

Es gibt einen Gemeinplatz zum Thema Säkularisierung, der öffentlich fast unwidersprochen ist: Er geht davon aus, dass eine weniger religiös geprägte Gesellschaft (wie die unsere) automatisch auch schlechtere Bedingungen für die religiöse Praxis bedeutet.
Und bisweilen mag das auch so sein, dann nämlich, wenn Religion immer mehr ins Private gedrängt wird und öffentlich geäußerte religiöse Meinungen in dieser oder jener Weise unterdrückt oder gar diffamiert werden.
Ich glaube aber, dass es im Gegensatz zu diesen tatsächlich vorkommenden Fällen im Grundsatz genau andersherum ist – und dass aus christlich-theologischer Perspektive die Vorteile des Lebens in einer säkularisierten Umgebung überwiegen.

Dienstag, 10. Mai 2016

Entstehung neuer Glaubensräume? – Eröffnung eines Pastoralen Raumes in Berlin

Gerade habe ich einen außerordentlichen Gottesdienst in der Kirche St. Richard im Norden Neuköllns besucht, Erzbischof Koch und Teile des Ordinariats, viele Hauptamtliche aus den Pfarrgemeinden und anderen Orten kirchlichen Handelns waren vor Ort und es wurde Eucharistie gefeiert.

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Ich hatte ein eigenartiges Gefühl dabei: man feiert den Beginn einer so genannten "Entwicklungsphase", weil eine Umstrukturierung der kirchlichen Arbeit vorgenommen werden muss, die auf größtenteils nicht beeinflussbaren Umständen fusst. Es drängt sich also der Eindruck auf, dass nicht aus eigener Entscheidung heraus, sondern aus der Notwendigkeit der Fakten gehandelt wird, die auch auf der Homepage des Erzbistums benannt werden: "Ein verändertes Verhältnis des modernen Menschen zu Glaube und Kirche, die Nöte der Zeit, der demographische Wandel, die sinkende Zahl der Priester".

Sonntag, 24. April 2016

Treue gegenüber Koran und Grundgesetz – Gedanken über den Islam in Deutschland

Der Mann spricht mir aus dem Herzen!
Dass Kardinal Wölki sich in seinem heutigen "Wort des Bischofs" so eindeutig zur Religionsfreiheit geäußert, zur Gleichberechtigung der verschiedenen Religionen vor dem Recht bekannt und von den Diffamierungen der AfD distanziert hat, ist ihm hoch anzurechnen: "Wer 'Ja' zu Kirchtürmen sagt, der muss auch 'Ja' sagen zum Minarett."
Man muss den Islam noch nicht einmal mögen, um das zu sagen, man muss einfach nur dem Grundgesetz folgen.

Wenn man sich mit der durch die AfD nun einmal herbeigepöbelten Debatte ernsthafter und tiefer auseinandersetzen will, lohnt ein Blick in das 2009 erstmals erschienene wunderbare Buch "Wer ist wir"1 von Navid Kermani über "Deutschland und seine Muslime". Als in Deutschland geborener Sohn iranischer Einwanderer hat der Autor aus eigenem Erleben mit den Fragen von Identität, Fremdzuschreibungen und Minderheitenstatus zu tun – und reflektiert dies als gläubiger Muslim, Korankenner und Einheimischer in der deutschen Hochkultur.
Im genannten Buch benennt er eine Reihe heute hochaktueller Punkte, die ein sachlich-differenziertes Gegengewicht zu sonst oft zu hörenden Allgemeinplätzen bieten – und von denen ich einige aus genau diesem Grund hier referieren will.

Freitag, 15. April 2016

Amoris Laetitia 2 – Selbstkritik und Selbstbeschränkung der Kirche

Der Blick in das zweite Kapitel des päpstlichen Schreibens bietet einen Rundumschlag über die "Wirklichkeit und die Herausforderungen" (Kapitelüberschrift, AL 311) der Familie. [Hier Gedanken zum ersten Kapitel] Die Welt, in der Familien heute leben, soll wahrgenommen und reflektiert werden – nicht nur gesellschaftliche, sondern auch kirchliche Lichtblicke und Dunkelheiten kommen dabei in den Fokus und bieten spannende Verschiebungen zu bisherigen Äußerungen der Päpste zu diesen Themen.

Mittwoch, 30. März 2016

Bloß kein neues Leben – Gedanken zu "Das Mädchen mit dem Fingerhut"

Ostern spricht vom neuen Leben nach dem Tod. So verweisen auch die Taufen in der Osternacht auf das neue Leben in Christus: Taufe ist Auferstehung in ein neues Leben schon heute!

Aktuell wird das Motiv von neuem Leben und Auferstehen auch in dem Kurzroman "Das Mädchen mit dem Fingerhut" von Michael Köhlmeier literarisch entfaltet. Ich möchte hier einen christlichen Kommentar dazu eingeben.

Dienstag, 15. März 2016

Zumutung Demokratie – "Wechselseitige Anerkennung gleicher Freiheit"

"Demokratie unterstellt allen die Fähigkeit, ihre eigenen Angelegenheiten beurteilen zu können."1 Darum lässt sich am Beginn der Demokratie eine Art "Versprechen wechselseitiger Anerkennung gleicher Freiheit"2 denken, das die Grundlage der Demokratie bildet.
Noch stärker ausgedrückt mündet diese wechselseitige Freiheitsunterstellung dann in der These: "Mit der demokratischen Anerkennung unterstellen wir uns ein gleiches Urteilsvermögen."3
Denn wir sind zwar "nicht alle gleich klug, gebildet oder erfahren. Aber die Demokratie unterstellt allen das gleiche Vermögen, eigene und öffentliche Angelegenheiten zu beurteilen, wenn sie gleiche politische Entscheidungsrechte vergibt. Diese Unterstellung ist nicht als barmherzige Nivellierung bestehender intellektueller Unterschiede zu verstehen. Vielmehr ist politisches Urteilsvermögen keine Fähigkeit, die einfach mit Ausbildung oder Intellektualität zunehmen würde, wie nicht zuletzt die Verführbarkeit von Intellektuellen durch den Totalitarismus des 20. Jahrhunderts zeigt. Politische Urteilskraft betrifft die elementare Fähigkeit, beurteilen zu können, was für das eigene Leben richtig und wichtig ist und was nicht."4

Freitag, 11. März 2016

Der Gekreuzigte 4 – "The Dark Knight Rises" als Erlösungsspektakel

In Christopher Nolans Batman-Film von 2012 geht es um verschiedene Konzepte von Erlösung, die zu einem theologischen Kommentar herausfordern.
Und, wie sollte es auch anders sein, die zwei Hauptakteure mit ihren nahezu gleich klingenden Namen, der Bösewicht Bane und der Batman Wayne, präsentieren in ihren jeweiligen Masken diese unterschiedlichen Vorstellungen.

Donnerstag, 4. Februar 2016

Heilsame Enttäuschung über die Kirche – Dietrich Bonhoeffer am 110. Geburtstag

Dietrich Bonhoeffer hat nicht erst in der Zeit seiner größten Krisen im Gefängnis, sondern auch vorher schon alles auf Gott gestellt. Denn ihm war klar, dass Gott nicht an den Rändern voller Not und Ängste, sondern in der Mitte und Stärke des menschlichen Lebens gefunden werden will.
Das zeigt sich auch in Bonhoeffers Bild von kirchlicher Vergemeinschaftung, wie er es in der 1939 zum ersten Mal veröffentlichten Schrift "Gemeinsames Leben" zeichnet.
Konsequent denkt er von Gott her und sieht im Lichte dessen auch die inneren Grenzen christlicher Gemeinschaft sehr wohl – wie es wohl zu jeder Zeit und auch heute Menschen gibt, die sich an eine Pfarrgemeinde, eine geistliche Gemeinschaft oder einen Orden binden wollen und deren Grenzen trotzdem wahrnehmen.
Hier bietet Bonhoeffer einige Sehhilfen an, wie die Schwächen einer kirchlichen Nahgemeinschaft anzusehen sein könnten:

Mittwoch, 3. Februar 2016

Einen Orden verlassen – in Gesellschaft Jesu bleiben

Anfang Februar vor vier Jahren habe ich den Jesuitenorden verlassen. Ich bin in Frankfurt am Main in ein Auto gestiegen und mit kurzen Abstechern nach Berlin gefahren.
Das klingt zunächst einfach.
Aber diesem Tag ging selbstverständlich ein längerer Prozess voraus – und ihm folgte ebenso ein längerer Prozess.

Wenn ich jetzt, inzwischen als Ehemann und Vater (und ironischerweise am Ende des von Papst Franziskus ausgerufenen Jahr der Orden), darauf schaue, dann sehe ich einen langen inneren und äußeren Weg. Den werde ich hier nicht ausbreiten, wohl aber ein paar Gedanken – und Fragen. Gefühle und Zustände also anstelle von expliziten Gründen.

Dienstag, 26. Januar 2016

Erinnern mit Widerständen und Erinnern als Widerstand - Zum Tag des Gedenkens an die Opfer des NS

Ruth Klüger schrieb Anfang der 1990er Jahre ihre Reflexionen über die Ghettos und Lager, in denen sie einen Großteil ihrer Kindheit verbringen musste. Damals gab es bereits eine ansehnliche Zahl von Zeitzeugenberichten, "so daß ich heute nicht von den Lagern erzählen kann, als wäre ich die erste, als hätte niemand davon erzählt, als wüßte nicht jeder, der das hier liest, schon so viel darüber, daß er meint, es sei mehr als genug, als wäre dies alles nicht schon ausgebeutet worden - politisch, ästhetisch und auch als Kitsch."1

Warum also heute trotzdem davon erzählen, warum nicht besser schweigen, warum vor allem an diesem Ort das Thema wiederum aufgreifen?

Aus Befangenheit "in einer Art Schreckensrührung",2 wie Ruth Klüger sie in manchen wohlmeinenden Deutschen sieht oder weil Deutschland immer noch "ein von Hitler traumatisiertes Land" ist, wie Alain Finkielkraut jüngst in der Zeit unterstellte?
Selbstverständlich hat das Nachdenken über die Shoah hierzulande oft eine pädagogische und vielleicht auch therapeutische Komponente. 
Zugleich aber geht der gesellschaftlich-ethische Gehalt des Erinnerns der Shoah tiefer, als die gängigen mahnenden Schulddiskurse und das stets wiederholte plakative (wenngleich notwendige) "Nie wieder!" suggerieren.
Dazu zwei Erwägungen.

Sonntag, 10. Januar 2016

Taufe des Herrn - Teilhabe am Leben Christi

Wie zum letzten, so auch zu diesem neuen Jahr eines meiner Lieblingsbibelworte. Diesmal stammt es aus dem Galaterbrief: "Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir." (Gal 2,20)

Paulus bringt seine Überzeugung über das neue Leben der Christen zum Audruck. Und zwar des Lebens Christi selbst, das den Menschen nach dem Glauben der Kirche durch die Taufe geschenkt wird.

Donnerstag, 7. Januar 2016

Köln, Warschau und die Glienicker Brücke – Vom Härtegrad des Rechtsstaats

Angesichts der massenhaften sexuellen Übergriffe auf Frauen in Köln und anderswo ruft man allerorten nach der "Härte des Rechtsstaats", was nach meinem Verständnis so viel heißt wie die konsequente Anwendung der bestehenden Regeln und Gesetze, um Täter zur Rechenschaft zu ziehen und den Kern des Rechts zur Geltung zu bringen. Dieser Kern ist in Deutschland durch den Ersten Artikel des Grundgesetzes und damit durch die Würde des Menschen bestimmt, deren Schutz in vielen weiteren Artikeln und Gesetzestexten ausdekliniert wird.

Mittwoch, 16. Dezember 2015

"Das hier ist Wasser". Gedanken von David Foster Wallace

Was trägt mein Leben und was kann ich über äußere Erfolgsmerkmale hinaus tun, damit es auch im wirklichen, inneren Sinne gelingt?

Das ist die Frage, um der es David Foster Wallace vor nunmehr zehn Jahren bei seiner Abschlussrede vor Absolventen des Kenyon College ging. Seine Ausführungen wurden unter dem Titel "This is water" bzw. "Das hier ist Wasser"1 veröffentlicht und verdienen es, auch als Adventsgedanken aufgegriffen zu werden.

Freitag, 27. November 2015

Schätze der Kirchengeschichte – Das Buch "Krypta" von Hubert Wolf

In vielen derzeit geführten Diskussionen drängt sich der Eindruck auf, dass wir nicht nur politisch und gesellschaftlich, sondern auch kirchlich vor gewaltigen Umbrüchen und in einer Art "Wendezeit" stehen. Für die gesellschaftliche Sphäre hat dies Klaus Mertes gerade in der Herder-Korrespondenz mit Blick auf die damit gegebenen Potenziale zu eigenen Kurskorrekturen analysiert.
Aber auch innerhalb der katholischen Kirche sind spätestens seit den Skandalen um Missbrauch, Kirchenfinanzen, Vatikanpolitik und angesichts der europäischen Glaubenskrise die Diskussionen neu geöffnet worden. Kurienreform, Familienethik, Vatikanfinanzen und eine Reihe weiterer Punkte stehen im Fokus.

Donnerstag, 19. November 2015

Elisabeth - Macht und Ohnmacht in Marburg

Die ungarische Königstochter Elisabeth, die in jungen Jahren mit einem thüringischen Landgrafen verheiratet wurde, sich nach dessen Tod auf dem Fünften Kreuzzug und reichlichen Konflikten um die Regelungen des Erbes als Witwe zuerst aus ihrer Burg und schließlich nach Marburg zurückzog, um ihr Leben ganz in den Dienst Christi und der Armen zu stellen, sie ist eine der zwiespältigsten und zugleich eindrucksvollsten Gestalten des Mittelalters.

Montag, 16. November 2015

Wie belanglos kann man sein? Über das Schließen der Augen.

Nach Terroranschlägen, wie sie in Paris verübt wurden, kann man als sich in dieser Web-Öffentlichkeit äußernder Mensch nicht kommentarlos übergehen zum weiteren Geschehen, wenn man sich zu allgemeinen Themen äußert.
Oder doch?
Natürlich kann man. Die großen Aufreger sind durch, Betroffenheit wurde allerorten spürbar geäußert, Trauerbekundung scheint heute schon kein Gebot der Stunde mehr zu sein und pietätlos wäre es auch nicht.