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Freitag, 26. Januar 2018

Die Gewalt der Gefolterten. Zum Holocaustgedenken

Wenn ich an die Opfer der NS-Diktatur denke, dann in den meisten Fällen an die Überlebenden. Sie, die Zeitzeugen, die inzwischen Uralten, die Gezeichneten, die mit Überleben Beschenkten oder Gestraften, sie können sagen und zeigen, wie es war und wie es danach ist.
Das hat auch mit meinem Freiwilligendienst in der Ukraine zu tun, als ich 2001/2002 einige Überlebende in Lemberg besucht habe.

Diese Überlebenden tragen ihre Gewalterfahrungen über Jahrzehnte mit sich herum. Manche ertragen sie mit Alpträumen, andere mit Schweigen, wieder anderen hilft es, mit sehr vielen Worten zu erzählen und persönlich Zeugnis abzulegen.
Und nicht wenige reagieren auf die Gewalterfahrungen mit Härte und eigener Gewalt.

Donnerstag, 25. Januar 2018

„Deine rechte Hand, Herr, ist herrlich an Stärke“ (Ex 15,6). Gebetswoche für die Einheit der Christen 2018.

Die Ökumene ist kein Aufregerthema mehr.
Spätestens seit im letzten Jahr die Feierlichkeiten zum Reformationsjubiläum in einem sehr gemeinschaftlichen und ökumenischen Geist begangen wurden, könnte man überlegen: Wozu braucht es überhaupt noch eine "Gebetswoche für die Einheit der Christen", wie sie gerade weltweit vom 18.-25. Januar begangen wurde?
Die Zeiten, dass Katholiken keine evangelischen Gottesdienste besuchen sollten, sind doch vorbei, vorbei ist der familiäre Aufstand, wenn eine evangelische Christin einen Katholiken heiraten wollte.
Es ist doch so viel Gemeinsamkeit erreicht, die Unterschiede nur noch marginal.
Warum, so fragen sich viele Menschen, einigt man sich also nicht einfach und macht eine gemeiname christliche Sache, zumal die beiden großen Kirchen in Deutschland doch schon so gut harmonieren.

Dienstag, 23. Januar 2018

Frauen, die Großes vollbringen. Ein Gedanke an Mary Wards Geburtstag

Heute, am 23.Januar, wurde im Jahr 1585 in England Mary Ward geboren.
Sie ist Gründerin der Congregatio Jesu, einer Schwesterngemeinschaft (früher bekannt als "Englische Fräulein"), die im Geist und (seit 2002 auch) nach den Konstitutionen der Gesellschaft Jesu lebt.

Ehrlich gesagt weiß ich nicht besonders viel über Mary Ward. Aber wenn man ihre Lebensgeschichte sieht (z.B. hier) und einige ihrer eigenen Worte liest, kann man einen gewissen Eindruck von ihrer Spiritualität und Lebenshaltung bekommen.

Freitag, 22. Dezember 2017

KinderStück 22 – "Mister Gott liebt dich innen drin"

Ein irischer Mathematiker findet ein Kind auf der Straße und schreibt ein Buch darüber – "Hallo Mister Gott, hier spricht Anna" (unrsprünglich von 1974) ist eine Hommage an das kindliche Staunen und eigenwillige Schlussfolgern. Die alltäglichen Erlebnisse von Fynn (Pseudonym des Autors) und Anna sind legendär geworden.
In einer Episode geht es um die Relationen zwischen unendlich unterschiedlichen Größen. Beim Blick durch das Mikroskop hat Anna Mikroorganismen entdeckt:

Donnerstag, 21. Dezember 2017

KinderStück 21 – Nähe suchen, Ferne suchen

Walter Benjamins berühmte Skizzen über eine bürgerliche "Kindheit in Berlin" sind prägnant eingefangene Beobachtungen und Reflexionen. Das Büchlein umfasst 37 Kurztexte, darunter auch die anderthalbseitige Miniatur "Das Karussel".
Erlebnisbeobachtung, Gefühlsbeschreibung und Bildhaftigkeit verschränken sich hier:

Samstag, 9. Dezember 2017

KinderStück 9 - Doch nicht adoptiert!

Die Lyrik Hilde Domins fasziniert mich außerordentlich, bis dahin, dass sie diesem Blog den Namen gab. Aber sie hat auch einige Erinnerungsfragmente aufgeschrieben, unter anderem über ihre eigene Kindheit:

Donnerstag, 7. Dezember 2017

KinderStück 7 – Sie treiben mich in den Wahnsinn

Eigentlich sollte an dieser Stelle ein anderer Beitrag stehen, eine fromme und beschaulich-schöne Reflexion zum Thema.
Aber um der Wahrheit Genüge zu tun und aus meinem Herzen keine Mördergrube zu machen, gehört auch das hierher:

Montag, 4. Dezember 2017

KinderStück 4 - Was wäre ohne mich?

Der amerikanische Schriftsteller Richard Ford erinnert sich in "Zwischen ihnen" an seine Eltern, die ihr erstes und einzigen Kind erst in vorgerücktem Alter und 15 Jahre nach ihrer Eheschließung bekamen:

Sonntag, 3. Dezember 2017

KinderStück 3 – Rufende Offenheit

Heinrich Spaemann war katholischer Priester und zugleich Vater des Philosophen Robert Spaemann. Die Gleichzeitigkeit erklärt sich in seinem Fall dadurch, dass er nach dem Tod seiner Frau einen neuen Lebensweg als Geistlicher einschlug.
Ein Glanzstück ist sein Meditationsbuch "Orientierung am Kinde", in dem er, ausgehend von Mt 18,3, eine Reihe von Gedanken zum Thema Kind veröffentlicht hat. Einer davon lautet:

Samstag, 18. November 2017

Seminar, Orden, Familie - Wo meine Talente schlummern

Wenn ich auf meine inneren und äußeren Lebensverläufe schaue, dann mache ich bezüglich der in den verschiedenen Phasen geweckten oder vergrabenen Talente und Stärken interessante Entdeckungen (vgl. das Sonntagsevangelium in Mt 25,14-30).

Freitag, 10. November 2017

Halb bemäntelt – halb erfroren. Ein Erlebnis und ein Zitat zum Martinsfest

Die Martinslegende kreist um die Mildtätigkeit des römischen Soldaten, der später unfreiwillig zum Bischof und schließlich zu einem der bekanntesten Heiligen der Christenheit wird. Diese Legende hat viele Anknüpfungspunkte.
Mir sind in den letzten Tagen zwei untergekommen.

Donnerstag, 9. November 2017

Die Deutschen vor ihrer Landschaft. Zum 9. November zwei Sätze von Yasmina Reza.

"Man kann nicht erkennen, wer die Leute sind, wenn man von der Landschaft absieht."1 Dies sei, so äußerte Yasmina Reza im Interview mit dem SPIEGEL, der Satz, auf den sie in ihrem letzten Roman "Babylon" besonders stolz ist.
Am 9. November lässt sich viel von der Landschaft der Deutschen erkennen. Hier spiegelt sich die geistige Umgebung, in der wichtige Momente deutscher Gemütslagen aufbewahrt sind.

Einer dieser Momente ist der 9. November 1938, als in der Reichspogromnacht die Läden vieler jüdischer Unternehmer und Handwerker zerstört wurden, viele Synagogen angezündet und verwüstet und viele jüdische Deutsche ins KZ Sachsenhausen verschleppt wurden. Es war der symbolische Auftakt der kommenden Greuel bis nach Auschwitz, an die wir heute mit Scham und Ekel denken.

Ein anderer Moment ist mit dem 9. November 1989 die unverhofft-erhoffte Öffnung der Grenzen in Berlin und der ganzen DDR, nachdem monatelang demonstriert, diskutiert und gebetet wurde. Die Mauer war zum Einsturz gebracht worden, die Freiheit war zum Greifen nah.

Samstag, 4. November 2017

Alle gleich vor Gott? Kritisches von Jesus und Luther

"Ihr ... sollt euch nicht Rabbi nennen lassen; denn nur einer ist euer Meister, ihr alle aber seid Brüder." (Mt 23,8)
So bringt Jesus auf dem Höhepunkt seiner Klerikerschelte im Evangelium des heutigen Sonntags (Mt 23,1-12) sein Anliegen auf den Punkt: Alle seine Jünger sind gleich. Denn sie sind alle Brüder. Keiner ist einem anderen vor- oder übergeordnet. Nur der Vater im Himmel steht als der eigentliche "Heilige Vater" über allen (vgl. v9), ebenso wie Jesus menschlicher Ausleger dieses Vaters und deshalb der einzige Lehrmeister der Seinen ist.
Alles dagegen, was eine weitergehende Vorrangstellung aus religiösen Gründen beansprucht, ist reine Überheblichkeit. Wo menschliche Satzungen die grundlegende Gleichheit aller vor Gott aushebelt, ist dies nicht im Sinne Jesu. Auch wenn sich seine Worte auf die jüdischen Autoritäten seiner Zeit beziehen, sind sie in der Komposition des Matthäus doch klar ausgerichtet auf die christliche Gemeinde Praxis.
Die revolutionäre Sprengkraft dieses Evangelienabschnitts ist in den Jahrhunderten, die die Kirche besteht, nur sehr eingeschränkt verwirklicht worden.

Samstag, 28. Oktober 2017

Hütte – Lichtschein – Goldgrund. Von Gottes- und Nächstenliebe

So ungefähr ging meine heutige Predigt im Gefängnis:

Da ist dieser glückliche amerikanische Familienvater Mack, dem es an nichts fehlt und der dann während eines Ausflugs mit seinen drei Kindern das Unglück seines Lebens erlebt: Seine jüngste Tochter verschwindet und bleibt verschwunden, trotz langer und intensiver Suche.
Das hebt sein Leben aus den Angeln.
Über die Zeit verfliegt seine Trauer nicht etwa, sondern verstärkt sich. Er kann den Verlust nicht ertragen und gleitet mehr und mehr in die Depression. Weder seine zwei verbliebenen Kinder noch seine Frau kann er in seinem Schmerz an sich heranlassen und gibt Gott zudem die Schuld an seinem Leiden und an allem Unglück in der Welt.

Das ist die Ausgangslage des Buches "Die Hütte. Ein Wochenende mit Gott" von William Paul Young (2007). Ich habe zugegebenermaßen nur den Film (2017, von S. Hazeldine) gesehen und kann mein Wissen allein daraus ziehen. Trotz der sehr rührseligen und kitschig erzählten Geschichte finden sich im Film einige menschliche und christliche Wahrheiten, die es wert sind, dass man sich mit ihnen beschäftigt.

Samstag, 21. Oktober 2017

Der Kaiser und die Schwachheit. Von Selbstbeschränkung und Kult

Das Evangelium des heutigen Sonntags (Mt 22,15-21) behandelt ein Thema, das ich für sehr bedeutsam halte und das deshalb auch immer wieder im Blog auftaucht. Es geht um das Verhältnis von Religion und Politik.

Jesus wird hier von den Pharisäern auf die Probe gestellt und nach seiner Haltung zur kaiserlichen Steuer befragt – und damit befindet er sich in einer Zwickmühle: als Akt des Widerstands gegen die nicht nur politisch, sondern auch religiös übergriffige Besatzungsmacht hätte Jesus die Steuer ablehnen müssen. Dies aber wäre ein politischer Affront gewesen, der harte Strafen der Römer nach sich gezogen hätte.
Anstatt nun also die eine oder die andere Seite zu brüskieren, reagiert Jesus zunächst mit der Gegenfrage, was denn auf der in Frage stehenden Münze abgebildet sei.
Da es das Bildnis des Kaisers ist, antwortet er:
"So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!" (v21)

Donnerstag, 19. Oktober 2017

Einmal Identität und einmal Berlin. Notizen zu "Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters"

1
In den letzten Jahren hat sich in der literarischen Landschaft eine faszinierende Fraktion deutschsprachiger Autoren mit osteuropäischem Migrationshintergrund etabliert.
Saša Stanišić beispielsweise ist dem großen Publikum seit "Wie der Soldat das Grammophon repariert" ziemlich gut bekannt, aber auch die Bücher von Katja Petrowskaja ("Vielleicht Esther"), Alina Bronsky ("Baba Dunjas letzte Liebe") und Matthias Nawrat ("Die vielen Tode unseres Opa Jurek") haben ihre Wege zu den Lesern gefunden.

Mittwoch, 11. Oktober 2017

Zwei Geburtstage: Kind und Katechismus

Wegen eines Geburtstags hätte ich hier natürlich nichts geschrieben, aber wenn zwei ins Haus stehen, ergeben sich doch überraschende Konvergenzen, die benannt werden sollten...

Meine Tochter, in der Trotzphase und bei allen damit verbundenen Ärgernissen doch immer wieder so ungemein liebenswert und niedlich, wird drei Jahre alt.
Sie hat am gleichen Tag Geburtstag wie der Weltkatechismus (KKK), der heute vor 25 Jahren von Johannes Paul II. promulgiert wurde.

Wie passt das also zusammen?

Montag, 9. Oktober 2017

Gutgenährt und eingemauert. Ein Absatz aus "Americanah" und die Flüchtlingsfrage

Nun, da die Flüchtlingspolitik der Unionsparteien wieder zu einem deutschen Politikum wird und damit eine wichtige Komponente in den kommenden Sondierungsgesprächen darstellt, nun, da von "atmenden Deckeln" und "Asylzentren" die Rede ist und die neuerliche Unterscheidung zwischen so genannten "Wirtschaftsflüchtlingen" und Asylberechtigten über Wohl und Wehe einer kommenden Regierungskoalition mitentscheidet, in ebendiesem Moment lese ich den wunderbaren Roman "Americanah" von Chimamanda Ngozi Adichie1 und möchte an dieser Stelle einen kurzen literarischen Einwurf zur obenstehenden politischen Frage vorstellen.

Dienstag, 3. Oktober 2017

Einheit der Deutschen und Einheit der Christen. Ein Denkanstoß

Als ich dieser Tage in der Ausstellung "Der Luthereffekt" im Berliner Martin-Gropius-Bau war und mich an den Spuren von "500 Jahre[n] Protestantismus in der Welt" erfreuen wollte, musste ich mich gleich zu Beginn sehr aufregen.
Im Lichthof des Museums befindet sich eine Raum-Klang-Installation des Künstlers Hans Peter Kuhn in Form einer sich windenden Doppelhelix, die für den Übergang vom Katholizismus zum Protestantismus stehen soll und eine ärgerlich simplifizierte Gegenüberstellung der Konfessionen betreibt. Im Begleittext heißt es nämlich, es sei eine "simple Metapher" gewählt worden:
"Die katholische Kirche ist die Mittlerin zwischen Mensch und Gott. Dadurch ergibt sich eine räumliche Einschränkung in der Vertikalen, eine Deckelung von oben. Dafür ist in der Breite Raum für lässliche Sünden. Der Protestantismus gewährt die direkte Beziehung zu Gott. Diese Öffnung in der Vertikalen geht jedoch einher mit einer Einengung in der Horizontalen, denn kleine Sünden sind nicht mehr erlaubt."1

Diese Art von intellektueller Schieflage im öffentlichen Raum eines Museums finde ich nun wirklich frech.

Sonntag, 24. September 2017

Der Souverän teilt aus. Wahl im Weinberg

Ich übe mich weiter in schiefen Bildern...

Denn: Eigentlich könnte die Wahl so sein wie das Sonntagsevangelium (Mt 20,1-16). 

Da sucht sich ein Herr im Laufe des Tages Arbeiter für seinen Weinberg. Sie arbeiten nach Absprache bei ihm, also unterschiedlich lang, je nachdem, wann er sie ansprach und sie beginnen konnten. Am Ende bekommen sie ihren Lohn – jeder einen Denar, so viel, wie man für den einen Tag zum Leben braucht.