Donnerstag, 16. Juli 2015

Taizé - Einfachheit und Gemeinschaft

Ich gebe zu, dass ich Taizé wahrscheinlich lange unterschätzt habe. Die Wahrnehmung eines alles überflutenden emotionalen Tsunamis, bestehend aus Hitze, netten Menschen und ewig wiederholten Gebetsgesängen, hatte sich in meiner Wahrnehmung sehr nach vorn gedrängt.
Nun war ich wieder in Taizé, habe manches neu sehen und – neben dem Besuch von Adolfo Nicolás SJ, dem Generaloberen der Jesuiten, und einigen schönen Gesprächen – vieles sehr schätzen gelernt. Vor allem zwei Dinge wurden mir klarer als bei den ersten Besuchen: Einfachheit und Gemeinschaft.

Dienstag, 30. Juni 2015

mürbe werden

Müde bin ich.
Das Kind den ganzen Tag schon so unruhig. Etwas Sammlung täte gut. Aber überall drängt Unruhe sich vor. Innen und außen Druck und Geschrei und Leerlauf. Neuköllner Vorherrschaft einer aggressiven, sich selbst ungewissen Menschheit. Die eigene Aggression im Straßenverkehr bemerken. Arbeitet sich das in mich hinein?
Und überall Baustellen!

Mittwoch, 24. Juni 2015

Wer kommt nach uns? - Johannes der Täufer, Hilde Domin und die Umweltethik

Das Geburtstagskind des Tages, Johannes der Täufer, hat sein Leben als Vorläufer Jesu gelebt.
In diesem Vorläufer-Sinne kann er ein gutes Vorbild sein, um Bescheidenheit zu lernen. Denn Johannes wusste sich als Glied einer Kette, in der er eine wichtige, aber letztlich nur vorletzte, hinweisende Funktion hatte: er stand in der Tradition der zornigen alttestamentlichen Propheten – und zugleich war er ganz ausgerichtet auf den, der nach ihm kommen sollte.

Montag, 15. Juni 2015

Alles Umrechnen in Sinn – Über Katja Petrowskajas "Vielleicht Esther"

Die Frage, ob Raum und Zeit in Sinn umzurechnen seien, schien mir zuerst ein wenig spekulativ. Aber dann habe ich das unglaubliche Buch "Vielleicht Esther" von Katja Petrowskaja gelesen. In dieser autobiographischen Spurensuche feiert das eigentlich vormoderne Denken, nach dem sich im Namen Sinn verbirgt, seine sprachlich-sinngefüllte Auferstehung.

Sonntag, 7. Juni 2015

Lebendiger und toter Leib – Über die "Kreuzabnahme nach HBG" von Volker Stelzmann und die Kirche

Dieses Jahr hatte ich einen besonderen Fronleichnamsdonnerstag. Während an vielen Orten Menschen in Prozessionen hinter dem "lebendigen Leib des Herrn" hergingen, war ich auf einer Beerdigung, bei der wir den toten Leib eines Kindes unter die Erde begleiteten.

Im Nachhinein regen sich neben Betroffenheit und Mitgefühl auch reflektierende Gedanken über dieses Zusammentreffen in mir. Die Feier des lebendigen und die Trauer um den toten Leib gehören in der Christentumsgeschichte schließlich eng zusammen. 

Donnerstag, 4. Juni 2015

Fronleichnam – Patronatsfest dieses Blogs

In gewisser Weise kann ein Blog mit dem Namen "Brot und Glanz" ja nur das Fronleichnamsfest als Patronat haben. Ein Stückchen Brot, das im Strahlenglanz zu sehen ist, stellt den ikonographischen Kern des Festes dar. Brot im Glanz und Glanz ums Brot – das sind die gängigen Bilder für das, um das es geht. 

Sonntag, 31. Mai 2015

Etwas Dreifaltigkeitsmystik von Ignatius von Loyola

Ignatius von Loyola "hatte viel Andacht zur heiligsten Dreifaltigkeit, und so betete er jeden Tag unterschieden zu den drei Personen. Und da er auch zur heiligsten Dreifaltigkeit betete, kam ihm ein Gedanke, wieso er vier Gebete zur Dreifaltigkeit hielt. Doch dieser Gedanke machte ihm wenig oder keine Mühe, als eine Sache von wenig Bedeutung."1

In diesen Worten aus seinen (in der Perspektive der dritten Person verfassten) Lebenserinnerungen kommt eine Frömmigkeit und ein Fragen zum Vorschein, wie sie uns sicher nicht sehr geläufig sind.
Dabei hat Ignatius einen genaueren Blick als beispielsweise ich, wenn ich mich in meinen Gebeten an "Gott" wende – und dabei nicht nur die Dimension der Gemeinschaft in Gott weitestgehend außer Acht lasse, sondern ebenso die Frage, wen ich denn da tatsächlich ansprechen will.

Samstag, 30. Mai 2015

Nachkriegswehen – Literarische Zeugnisse vom Weiterleben

Vor 70 Jahren endete der Zweite Weltkrieg. Doch den jetzt nach und nach sterbenden Generationen der Menschen, die ihn unmittelbar erlebten, steckt er noch in den Knochen. Welche Veränderungen der Krieg in einem Leben bewirkt hat, hängt wohl weitgehend vom psychischen Grundgerüst ab, mit dem die verschiedenen Widerfahrnisse verarbeitet werden müssen.

Ich habe in den letzten Monaten mehr oder weniger zufällig literarische Zeugnisse aus mehreren unterschiedlich in den Krieg verstrickten Nationen gelesen, die das nachträgliche Spuken in verschiedener Weise thematisieren. Einige (nicht exemplarische!) möchte ich kurz vorstellen:

Mittwoch, 27. Mai 2015

Philosophische Erlösungshoffnung – Anmerkungen zu "Gott denken" von Holm Tetens

Der Berliner Philosoph Holm Tetens hat sich jüngst einer für zeitgenössische Philosophen ungewöhnlichen Aufgabe unterworfen – er hat versucht, unter dem Titel "Gott denken. Ein Versuch über rationale Theologie"1 eine vernunftorientierte Theologie als philosophische Fragestellung wiederzugewinnen.
In der Reclam-Reihe [Was bedeutet das alles?] schreibt der (nach eigener Aussage) früher selbst agnostisch und atheistisch argumentierende und "auf der zeitgeistsicheren Seite beheimatet"2 gewesene Autor demzufolge über die Plausbilität von Theismus und Naturalismus, über das Verhältnis von Physischem und Mentalem, über Leid und Freiheit des Menschen – und macht sich schließlich gegen einen naturalistisch orientierten philosophischen Mainstream für die "vernünftige Hoffnung"3 auf Gott in einem "theistischen Idealismus"4 stark.

Samstag, 23. Mai 2015

Wie zeigt sich der Geist? - Ein Bilderreigen zur Pfingstsequenz

Graffito, Rixdorf, Berlin, 2015.
Wenn es um Pfingsten und den Heiligen Geist geht, dann denken viele Gläubige Menschen an Tauben und Feuerflammen, die immer noch beliebtesten typisch biblischen Bilder für den göttlichen Tröster, Lehrer, Beistand, Gabenschenker. 

Ich tue mich mit dieser klassischen Bebilderung ehrlich gesagt etwas schwer, auch wenn ich sie im Unterricht teilweise selbst benutze. Finden wir denn keine aussagereicheren Bilder für Gottes Geist als eine nichtssagend friedlich kotende Taube wie links? Dazu kommt: müssen wir IHN überhaupt darstellen?


Sonntag, 17. Mai 2015

Auf Wahrheitssuche: "khroma" - Eine Ausstellung in St. Christophorus Neukölln

"Heilige sie in der Wahrheit" (Joh 17,17), so bittet Jesus im heutigen Evangelium seinen himmlischen Vater für die Jünger. Was auch immer "in der Wahrheit geheiligt zu werden" genau bedeutet, die Frage nach Wahrheit war für das Christentum immer eine Herausforderung, wenn es um andere Meinungen ging.

Die Kirche, in der ich dieses Evangelium heute gehört habe, ist zur Zeit mit einer "khroma" betitelten Installation der Künstlerin Gabi Schillig ausgestattet. Mir ging auf dem Weg nach Hause auf, wie gut dieser Text und dieses Kunstwerk zusammen passen.

khroma von oben. St. Christophorus Neukölln, Berlin, 2015.

Donnerstag, 14. Mai 2015

Himmlische Liturgie - Die Heimkehr des Sohnes

Die Ostkirche hat zu den Ereignissen des Lebens Jesu und der Heilsgeschichte schon immer liturgische Linien gezogen. In der Feier der Liturgie wird durch diese Blickweitung nicht nur die konkret vor Augen liegende Situation der Feiernden hineingenommen, sondern auch das Leben Jesu und vor allem die himmlische Liturgie lassen sich in unserem Feiern erkennen.

Montag, 11. Mai 2015

JosephsReligion 2 – Isaaks Tod und Jesu Tod

Wie vor ein paar Wochen schon angekündigt, folgt hier nun ein weiteres literarisch-theologisches Gedankenstück zu Thomas Manns Josephs-Roman. Abrahams Monotheismus aus der Sicht des Autors hatte ich damals in den Blick genommen – darum wird es hier folgerichtig um Isaak gehen.

Donnerstag, 7. Mai 2015

Versehrt neu beginnen – Das Kriegsende vor 70 Jahren

Überall kann man man dieser Tage Informationen, Meinungen und Reflexionen zum Kriegsende vor 70 Jahren bekommen. Jegliche Gruppe von Beteiligten oder Betroffenen wird bedacht, die deutsche und die internationale Perspektive mit allen erdenklichen Folgen, die regionale Kultur und die Spuren in unseren Städten, alles wird rege angeschaut und kommentiert.
Eigentlich ist alles von allen gesagt.

Und doch frage ich mich, über all die mediale und politische Aktion hinaus: Warum fasziniert mich persönlich dieses Ende des nationalsozialistischen Regimes mit seiner Terrorherrschaft und die militärische Niederschlagung Deutschlands mit der folgenden Teilung und dem Frieden so?

Montag, 4. Mai 2015

Dem Grenzenlosen preisgegeben - Glaube, Wissenschaft und Wahnsinn in Remarques "Der schwarze Obelisk"

Es gibt Momente, in denen Menschen eine Art neuer Offenbarung der Realität haben. Die Dinge und Menschen um sie herum bekommen eine neue Qualität und erscheinen in anderem Licht. Das Vorzeichen der Welterfahrung ändert sich, vielleicht nur für Augenblicke, vielleicht so lebensprägend, dass einer für sein Leben gezeichnet ist.

Ich habe solche Momente in den letzten Wochen hier in meinen Gedanken zum Film "Superwelt" und zum Roman "Stoner" beschrieben. Möglicherweise liegen solche Momente auch den biblischen Erzählungen der Begegnungen mit dem Auferstandenen bei den Emmausjüngern oder beim skeptischen Thomas zugrunde. Ich persönlich erlebe das manchmal in den atemberaubenden Augenblicken, wenn mir klar wird, was für ein Wunder dieses Kind ist, dessen Vater ich jetzt seit einem halben Jahr bin.